236
ihre innige Teilnahme an dem eben hier Vollbrachten zu er¬
kennen gab."
Dieser Trauernde war Schillers Jugendfreund und Schwager
V ilhelm von Wolzogen. Er war auf einer Rückreise von Leipzig,
als er unterwegs die traurige Nachricht vom Tode des Dichters
erhielt. Schnell warf er sich auf ein Ross und erreichte Weimar
noch gerade zur rechten Stunde, um sich dem kleinen Leichen¬
zuge anschließen zu können.
Seit dem Jahre 1827 ruhen Schillers Gebeine in der Fürsten¬
gruft zu Weimar neben denen seines grossen Freundes Goethe
und seines hochgesinnten Fürsten Karl August. Auf den beiden
gleichen, braungebeizten Eichenholzsärgen der Dichter liest man
in schmucklosen Metallbuchstaben die beiden Namen „Goethe" und
„Schiller“. - Nach J. Sehen-,
180. Die letzten Lebensjahre des Wandsbeker Boten.
1. Als im Jahre 1789 in Paris die französische Revolution
ansbrach, wälzte sie ihre trüben Wellen auch nach Deutschland. Der
Drang nach Freiheit sprengte die Gesetzesfesseln. Eine neue Ordnung
der Dinge sollte die bestehenden Einrichtungen stürzen und bessere
Zustände schassen. Da erhob unter vielen andern auch Matthias
Claudius in Wandsbek seine warnende Stimme, indem er sprach:
„An den Menschen liegt es, nicht an den Einrichtungen. Den Menschen
ist nichts recht und gut; sie wollen immer Andres und Neues, wollen
reicher, mächtiger, mehr geehrt sein. Der Mensch ist es, der gute
Einrichtungen schlecht und schlechte Einrichtungen gut macht; der
Mensch also muß gebessert werden und, würde ich raten, nicht von
außen hinein. Recht muß Recht bleiben für jeglichen Stand, für
jeden Einzelnen. Betrogenes Vertrauen ist wie Menschen blut: es
schreit zum Himmel um Rache."
An einem so menschenfreundlichen, weichen Gemüte, wie der Wands¬
beker Bote es besaß, konnte die aufgeregte Umstnrzzeit nicht spurlos
vorübergehen. Dazu kam noch der Tod seiner geliebten hoff¬
nungsvollen Tochter Christiane, die 1796 in dem blühenden
Lebensalter von zwanzig Jahren vom Nervenfieber hinweggerafft wurde.
Trauernd widmete er ihr folgenden Nachruf:
1. „Ein Sternlein stand am Himmel, 2. Ich wußte seine Stelle
ein Sternlein guter Art: am Himmel, wo es stand,
das that so lieblich scheinen, trat abends vor die Schwelle
so lieblich und so zart! und suchte, bis ich's fand.