Full text: Lesebuch für Fortbildungsschulen und verwandte Anstalten in Elsaß-Lothringen

407 
Die Ortsarmen erhalten in stark 700 Gemeinden Hausnnterstützungen 
durch die Armenräte. Die Verteilung geschieht nach Maßgabe der vor¬ 
handenen Mittel lediglich in Rücksicht ans die Hilfsbedürftigkeit. Arme 
Hauskranke werden von den Kantonalärzten kostenfrei behandelt und 
erhalten ohne Entgelt die nötigen Heilmittel. Unbemittelte Kranke finden 
unentgeltliche Aufnahme und Heilpflegc in den Spitälern. Wie gefährlich 
und ekelhaft die Krankheit auch sei, das Krankenhaus hat für alle ein Plätzchen, 
eine sorgfältige Wartung und eine sachkundige Pflege. Solche „Stätten der 
Barmherzigkeit" weisen unsre meisten Städte, oft sogar Ortschaften des 
platten Lands auf. Auch für die infolge hohen Alters, körperlicher Gebrechen 
oder geistiger Umnachtung dauernd erwerbsunfähigen Armen ist gesorgt. In 
Versorgungsheimen wird alten Leuten ein friedlicher und sorgenloser 
Lebensabend zilteil, und körperlich gebrechliche Personen, wie Krüppel, unheil¬ 
bare Kranke u. s. w., finden in eigens für sich eingerichteten Anstalten 
angemessene Pflege und den nötigen Lebensunterhalt. In den Irren- 
anstalten hatdie christlicheBarmherzigkeit den Geisteskranken zweckentsprechende 
Heimstätte und Versorgung geschaffen. In Saargemünd befindet sich eine 
Heilanstalt für die Irren in Lothringen, in Stephansfeld bei Brumath und 
in Rnfach solche für diejenigen des Elsaß. 
Für arbeitsscheue, verwilderte Menschen hat man auch eine wohltätige 
Einrichtung getroffen. Ins Arbeitshaus in Psalzburg werden Landstreicher 
und Stromer aufgenommen, an Arbeit und Ordnung, Sitte und Sittlichkeit 
gewöhnt und so wieder zu nutzbaren Gliedern der menschlichen Gesellschaft 
geschaffen. Die entlassenen Sträflinge in passende Stellungen zu bringen, 
damit der „Kampf ums Dasein" diese Armen nicht rückfällig werden läßt, 
hat sich der „Verein zur Fürsorge für entlassene Gefangene" zur 
hohen Aufgabe gestellt. 
Auch noch andre Veranstaltungen und Einrichtungen zugunsten der 
Armen hat die liebevolle Barmherzigkeit erdacht. Volksküchen und Suppen¬ 
anstalten sorgen für gute und billige Speisen, während Volksbibliotheken 
durch geeignete Lesestoffe dem Geiste eine gesunde Nahrung liefern. Das 
schlimme und weitverbreitete Laster der Trunksucht wird in Wort und Schrift 
durch die Mäßigkeitsvereine bekämpft, wobei man gleichzeitig Gasträume 
schafft, in denen billige Speisen und kräftige Getränke, aber keine geistigen 
verabreicht werden. Im Winter lassen größere Städte Notstandsarbeiten 
verrichten, damit die Arbeiter nicht brotlos sind, gleichzeitig sorgen Armen¬ 
lotterien dafür, daß die Hausarmcnpflcge in ausgedehnterem Maße ausgeübt 
werden kann. Den Arbeitslosen sucht man durch unentgeltlichen Arbeits¬ 
nachweis zur lohnenden Beschäftigung zu verhelfen. 
Nicht vergessen seien auch die mannigfachen Hilfsgenosscnschaften 
und Unterstützungskassen, deren segensvollen Wirkungen nicht hoch genug 
gewertet werden können. Höchst wichtig ist auch die Einrichtung des Armen- 
rechts, welches den Armen von allen Gerichtskosten und -gebühren befreit,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.