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bergische Volk war die Feier, die im Juni 1889 beim 25jährigen Re-
gierungsjubiläum des Königs veranstaltet wurde. Verschiedene deutsche
Fürsten, auch Kaiser Wilhelm II., hatten sich zur Teilnahme in Stuttgart
eingefnnden. Zum bleibenden Andenken an diesen Festtag stiftete König
Karl das Christophdenkmal auf dem Schloßplatz. Das dankbare Volk über¬
gab seinem König als Geschenk eine Geldspende, die er als „König-Karl-
Stiftnng" zur Unterstützung strebsamer Landeskinder bestimmte.
König Karl hatte sich schon seit dem Jahre 1880 keiner guten Ge¬
sundheit zu erfreuen, so daß er fast jeden Winter in dem milden Süden
zubringen mußte. Schwerkrank kehrte er im Oktober 1891 von seinem
Lieblingssitz Bebenhausen nach Stuttgart zurück, wo ihn nach drei Tagen
der Tod von seinem Leiden erlöste. Seine sterblichen Überreste ruhen in
der Schloßkirche zu Stuttgart. Im folgenden Jahre schon wurde die Königin
Olga neben dem Gemahl zur ewigen Ruhe gebettet. Das Andenken beider
wird bei dem Württembergischen Volk im Segen bleiben.
12. Kaiser Wilhelm I. (1871-1888).
1. Tie äußere Machtstellung des Reiches. Was ein einiges Deutsch¬
land zu leisten vermochte, hatte der Deutsch-französische Krieg gezeigt. Macht¬
voll und angesehen stand jetzt das Reich da, das einst der Spott und Hohn
Europas geweseu war. Das Deutsche Reich wurde ein Hort des Friedens.
Manchmal hing freilich der Friede an einem Haar; denn Frankreich konnte
seine Niederlagen nicht verschmerzen. Bismarck wußte aber durch seine
Festigkeit und Klugheit den Frieden zu erhalten. Eine weitere Gefahr für
Deutschland drohte vom Russischen Reich. Die alte Freundschaft zwischen
Preußen und Rußland hatte sich fast ins Gegenteil umgewandelt. Nun
schloß Bismarck (1879) ein Bündnis mit Österreich, dem Besiegten von
Königgrätz. Später trat auch Italien dem Bündnis bei. Die Annäherung
Rußlands an Frankreich machte eine Vermehrung der deutschen Streitkräfte
nötig. Bei der Beratung dieser Wehrvorlage hielt Bismarck eine seiner
berühmtesten Reden, in welcher er unter jubelndem Beifall ausrief: „Wir
Deutsche fürchten Gott und sonst nichts auf der Welt!"
2. Ausbau des Reichs im Juucru. Auch im Innern gab es für
Kaiser Wilhelm und Bismarck viel Arbeit. Zuerst mußte das ueugewouneue
Elsaß-Lothringen dem Reiche angegliedert werden; es wurde als sogeuauutes
„Reichslaud" unmittelbar unter die Herrschaft des Kaisers und des Reichs¬
kanzlers gestellt. Für den Ausbau des Reiches geschah ferner vieles durch
die Einführung gleicher Münzen, gleicher Maße und Gewichte, durch die
Vereinheitlichung des Rechts sowie durch Schaffung eines gemeinsamen
Reichsheeres. Der Plan Bismarcks, sämtliche Eisenbahnen in einem Reichs¬