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helfen und sein Leben zu einem nach Möglichkeit angenehmen zu
machen. Selbstverständlich mutz jeder Bürger die ihm verliehenen
Kräfte tüchtig gebrauchen und sein Leben in der Weise einrichten,
datz er die von den Gesetzen vorgeschriebene Ordnung nicht verletzt.
Im letztern Falle setzt er sich der Strafe aus, die über das Ver¬
gehen verhängt ist. Nicht wenige Menschen verletzen gesetzliche
Bestimmungen, weil ihnen das Bestehen und der Inhalt dieser
nicht bekannt ist. Unkenntnis der Gesetze schützt aber
vor der Strafe nicht. Es ist deshalb nur eine Matzregel
der Klugheit, wenn man sich mit den gesetzlichen Vorschriften be¬
kanntmacht. soweit sie das häusliche und bürgerliche Leben be¬
treffen. Da auch Frauen diese Kenntnis nicht entbehren können,
sind im nachstehenden die wichtigsten Gesetze zusammengestellt, und
ihr Inhalt ist in gedrängter Kürze dargelegt.
Das neugeschaffene Deutsche Reich besteht seit dem 18. Januar
1871. Alle zu diesem gehörigen Staaten bilden das Reichsgebiet.
Wer in dem Reichsgebiet geboren wird, ist Reichsangehöriger, so¬
fern seine Eltern im Besitz der Reichsangehörigkeit waren. Einem
Reichsangehörigen steht es frei, seinen Wohnsitz innerhalb des
Reichsgebiets nach eignem Willen zu ändern. Dieses Recht heitzt
Freizügigkeit. Das Gesetz über die Freizügigkeit besagt folgendes:
Jeder Vundesangehörige (Reichsangehörige) hat das Recht,
innerhalb des Bundesgebiets (Reichsgebiets)
1. an jedem Orte sich aufzuhalten oder niederzulassen, wo er
eine eigne Wohnung oder ein Unterkommen sich zu verschaffen
imstande ist:
2. an jedem Orte Grundeigentum aller Art zu erwerben:
3. umherziehend oder an dem Orte des Aufenthalts oder der
Niederlassung Gewerbe aller Art zu betreiben, unter den für
Einheimische geltenden gesetzlichen Bestimmungen.
In der Ausübung dieser Befugnisse darf der Vundesange¬
hörige, soweit nicht das gegenwärtige Gesetz Ausnahmen zulätzt.
weder durch die Obrigkeit seiner Heimat, noch durch die Obrigkeit
des Ortes, in dem er sich aufhalten oder niederlassen will, ge¬
hindert oder durch lästige Bedingungen beschränkt werden.
Keinem Bundesangehörigen darf um des Glaubensbekennt¬
nisses willen oder wegen fehlender Landes- oder Gemeindeange¬
hörigkeit der Aufenthalt, die Niederlassung, der Gewerbebetrieb
oder der Erwerb von Grundeigentum verweigert werden.
Wer die aus der Vundesangehörigkeit folgenden Befugnisse
in Anspruch nimmt, hat auf Verlangen den Nachweis seiner
Bundesangehörigkeit zu erbringen.
Die Staatsangehörigkeit geht verloren: durch Entlassung
auf Antrag, durch Ausspruch der Behörde, durch zehnjährigen
Aufenthalt im Auslande ohne Legitimationspapiere, wie Patz.
Heimatsschein, bei einer Norddeutschen durch Verheiratung mit
dem Angehörigen eines andern Bundesstaats oder mit einem
Ausländer. Die Entlassung wird durch eine Entlassungsurkunde