Die deutschen Reichspostdampfer.
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platz für indische Ausfuhrartikel ist, z. B. Kokosöl, Zucker, Reis,
Zimt. Außerdem ist Colombo der Sitz bedeutender Handelshäuser,
von denen sich einige in deutschen Händen befinden. Am wichtigsten
ist Singapore als Lagerplatz für den größten Teil des Warenverkehrs
von Hinterindien und den Sundainseln und als Welthafen ersten
Ranges. Von der ostasiatischen Hauptlinie geht in Hongkong eine
Zweiglinie nach Japan und Korea aus; die australische Linie zweigt
sich in Aden ab und wendet sich nach Adelaide, Melbourne und
Sidney, und die Zweiglinie Triest-Brindisi-Alexandrien vermittelt den
Verkehr nach Ägypten und die Beförderung der süddeutschen Ausfuhr.
Am 30. Juni 1886 ging der erste „Reichspostdampfer“ von
Bremerhaven nach Ostasien in See. An Bord des Schiffes hielt der
Minister von Bötticher eine schwungvolle Ansprache, die er mit den
Worten Schloß : „Fahre hin, du stolzes Schiff, und knüpfe freundliche
Friedensbande zwischen Deutschland und dem fernen Osten! Trage
den Ruhm deutscher Arbeit, deutscher Treue und deutschen Unter¬
nehmungsgeistes in jeden Hafen, in welchem du deine Flagge ent¬
faltest im Namen des Deutschen Reichs!"
Im Vertrage mit der Reichsregierung war für jene Linien, ent¬
sprechend den Postdampferverbindungen anderer Staaten, eine Ge¬
schwindigkeit von 12 Seemeilen (1 Seemeile — 1,852 km) in der
Stunde vorgesehen. Der Norddeutsche Lloyd hat dieser Bedingung
nicht nur genügt, sondern ist weit über sie hinausgegangen in der
richtigen Voraussetzung, daß die geforderte Geschwindigkeit sich
für spätere Jahrzehnte nicht als ausreichend erweisen würde. Hin¬
sichtlich der Einrichtung haben die Dampfer die Reisenden mehr
als befriedigt; heute stehen sie unter allen Linien, die nach dem
Osten gehen, an erster Stelle. Durch hohe, auf Deck stehende
Sauger wird stets frische Luft in das Innere der Schiffe geführt
und durch jede einzelne Kammer getrieben. Im Speisesaal ist sogar
über jedem Platze ein Trichter angebracht, welcher die Zuführung
frischer Luft ermöglicht. Durchweg kommt elektrisches Licht zur
Verwendung, und jedes Schiff führt eine Eismaschine mit sich.
2. Als Gegenleistung für die staatliche Unterstützung, deren
sich der Norddeutsche Lloyd erfreut, hat er die Aufgabe, die Kriegs¬
flotte, soweit es möglich ist, im Kriegsfälle zu unterstützen und zu
ergänzen, und so kann der Norddeutsche Lloyd zugleich als ein
Bestandteil der deutschen Kriegsmarine angesehen werden. Daher
bringt ihm der deutsche Kaiser das regste Interesse entgegen und
macht nicht selten seinen Einfluß auf den Bau und die Einrichtung
der Lloyddampfer geltend. Die Verdienste, welche sich Beamte
und Mannschaften des Norddeutschen Lloyd erwerben, finden häufig
an höchster Stelle Anerkennung und Auszeichnung. Kein Wunder,
daß sich auf diese Privateinrichtung, ja auf die ganze deutsche
Handelsmarine ein streng militärischer Geist übertragen hat. Nicht
nur die zeitgemäße Einrichtung, sondern vor allem die Sicherheit
des Schiffsdienstes haben den Lloyddampfern zahlreiche Freunde
verschafft. Sorglos vertraut man diesen schwimmenden Palästen
die Schätze des Handels an, und Tausende von Reisenden ziehen
alljährlich diese Dampfer für eine längere Seefahrt allen andern vor.