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Vielleicht ist es der letzte Tag. — Sprüche.
221. Vielleicht ist es der letzte Uag.
1. vielleicht ist es der letzte Tag,
zu dem du heut' erwacht.
Drum nimm noch jeden Stunden-
schlag
der flücht'gen Zeit in acht!
2. vielleicht ist es die letzte Pflicht,
die deine Hand noch tut.
Drum flink ans Werk und säume
nicht!
Gut End' macht alles gut.
3. Vielleicht die letzte Rreuzeslast
liegt heut' auf deiner Bahn.
Drum frisch noch einmal angefaßt,-
bald bricht der Sabbat an!
4. vielleicht der letzte Freuden-
trank
ist heute dir beschert.
Greis herzhaft zu und nimm mitDank,
was Gott dir Gut's gewährt!
5. Vielleicht ist es das letzte Wort,
das heut' dein Mund noch sprach.
Mach 's freundlich! wenn du lange
e . fort,
so KIlngt's noch lieblich nach.
6. vielleicht ist es der letzte Tag,
zu dem du heut' erwacht.
Drum nimm noch jeden Stundenschlag
Der flücht'gen Zeit in acht!
Karl Gerok.
222. Sprüche.
1. wenn Eltern Rinder wohl er¬
ziehn
und ihnen guten Namen lassen,
so ist 's genug, so ist es mehr,
als Gold und Geld in Nahen fassen.
2. willst du klug durchs Leben
wandern,
prüfe andre, doch auch dich!
Jeder täuscht gar gern den andern,
doch am liebsten jeder sich.
Friedr. v. Bodenstcdt.
3. wer über andre Schlechtes hört,
soll es nicht weiter noch verkünden.
Gar leicht wirdMenschenglück zerstört ;
doch schwer ist, Menschenglück zu
gründen.
Friedr. v. Bodeustedt.
4. Redlich sei des Herzens Grund!
Redlich spreche auch der Mund!
5. Das mag wohl sein ein rechter
freund,
der bei deinem Unglück zu trauern
scheint,'
aber sicherer erkennst du ihn daran,
wenn er mit deiner Freude sich freuen
kann.
6. In der Bibel steht geschrieben:
„Du sollst deinen Nächsten lieben!"
Zwar wissen das manche; doch sie
denken dabei,
daß jeder sich selber der Nächste sei.
Alb. Roderich.
7. MannmitzugeknäpftenTaschen,
dir tut niemand was zu lieb.
Hand wird nur von Hand gewaschen,'
wenn du nehmen willst, so gib!
Joh. Wolfg. v. Goethe.
8. hat jemand dir was Gut's getan,
so sollst du allzeit denken dran!
Doch tut ein Nächster dir ein Leid,
sei zur Versöhnung stets bereit!
9. Ein andres Rntlitz, eh' sie ge¬
schehn,
ein andres zeigt die vollbrachte Tat.
Friedr. v. Schiller.
10. Lin Festtag soll dich stärken
zu deines werktags werken,
daß du für dein Geschäfte
mitbringest neue Rräfte.
Du sollst nicht in den Freuden
die Rräfte selbst vergeuden,'