58
sein Forum. Zu den Hcmptverbrechen zählen die indischen Gesetze
Mord, Ehebruch, den Genuß berauschender Getränke, das Hazard-
spiel, das Verlassen der Kaste, das Zerstören öffentlicher Gebäude
und Anlagen, die Münzverfälschung, Bedrückung von Seiten der
Fürsten, Gewaltthaten gegen Priester, gegen Büßende, gegen Acker¬
bauer und Frauen, dem Arbeiter seinen Lohn vorzuenthalten und
einen Tempel oder heiligen Ort zu betreten, ohne vorher sich ge¬
reinigt zu haben. Die Verbrechen sind um so größer, wenn sie von
Personen höherer Stände oder gegen diese verübt werden. Die
Strafen waren hart und es lag ihnen im Ganzen eine Art von
Vergeltungsrecht oder die Talio, besonders gegen das verbrecherische
Glied zum Grunde. Einem Taschendiebe sollen die Finger abge¬
schnitten, bei dem Einbrüche die Hand abgehauen werden; wer eine
Schleuse zerstört, wird ersäuft; der Ehebrecher soll auf glühendem
Eisenbette umkommen. Die härteste Strafe ist das Ausstößen aus
der Kaste, gewöhnlich mit Landesverweisung verbunden. Zu den
entehrenden Strafen, besonders bei Kriegsgefangenen, gehört das
Haarabschneiden.
Konnte der Richter die Wahrheit nicht durch Zeugen ermitteln,
so fand der Eid statt, wobei man entweder heiliges Feuer oder Was¬
ser berührte, oder sich vor dem Tempel des rächenden Civa stellte.
Bei wichtigen Zweifeln, bei Verletzung ehelicher Treue und ähnli¬
chen Vergehen trat die Feuer- oder Wasserprobe ein.
Es wird das Wohlwollen der indischen Fürsten und die von
der sonstigen Zurückgezogenheit morgenländischer Despoten abwei¬
chende Popularität gerühmt. Der Fürst war der Herr des Laubes,
ausgenommen der priesterlichen Ländereien. Der Fürst konnte einen
jeden mit Land belehnen oder das Lehen aufheben; die Ländereien
der Priester aber waren unantastbar und durften mit keinen Steuern
belegt werden. Zehn Dörfer bilden einen Bezirk, zehn solche einen
größeren und zehn von diesen ein Gebiet, über welches der König
einen Beamten setzte. Jeder Bezirk, jede Stadt und jedes Dorf
bildete ein abgeschlossenes Ganze. Von dem Ertrage der Ernte des
ganzen Dorfes wird die Steuer für den Fürsten und für den Prie¬
ster des Bezirkes, die Besoldung für die Brahmanen des Dorfes,
dessen erbliche Beamten, die Handwerker, den Arzt und die Mu¬
sikanten und andere Angestellte abgezogen und der Rest nach dem
Verhältnisse des Ackerbesitzes getheilt. Von Abgaben frei waren
die Brahmanen, ferner die Handwerker und Arbeiter, und über¬
haupt alle, welche keine liegenden Gründe besaßen. Außer diesen
Einkünften hatte der Fürst Antheil an Zoll und Handel. Wahr¬
scheinlich erhielt auch der Monarch eines größeren Staates einen
gewissen Tribut von geringeren Fürsten, die mit ihm verbindet
oder in Lehensverhältnissen standen. Aus diesen Einkünften des
Fürsten wurde sowohl der Hofstaat als auch die Besoldung der Be¬
amten bestritten.
Das Volk hing mit Liebe an seinen Fürsten, wie jede Ge¬
meinde an ihrem Vorsteher, und wohin auch die Griechen kamen,
allenthalben war das Land trefflich angebaut, die Städte blühten
durch Handel und Gewerbe und heitere Dörfer waren mit fröhlichen
Einwohnern angefüllt.