52 /D/D/D Fürst v. Bülow: Die Marokkofrage. /D/D/D/T»
selbst wurden durch das Abkommen von 1909 ausdrücklich
bestätigt. Das deutsche Mitbestimmungsrecht über das
Schicksal Marokkos, dieses Recht, das einer Annexion Ma¬
rokkos durch Frankreich entgegenstand, wurde durch den
5 Sondervertrag in keiner Weise berührt. Was später für
den Verzicht auf unser Recht erreicht wurde, mag es nun
viel oder wenig sein, mag das uns zugefallene Stück Kongo
einen kleinen oder großen Wert haben, ist jedenfalls er¬
langt worden auf der Grundlage von Algesiras und dank
10 unseres Vorgehens im Jahre 1905. Uns einen Teil von
Marokko anzueignen, haben wir nie beabsichtigt. Nicht aus
Furcht vor Frankreich, sondern in unserem eigenen In¬
teresse. Wir hätten dort neben Frankreich auch England
und Spanien gegen uns gehabt. Wir durften auf der an-
15 deren Seite auch nicht hoffen, durch übertriebenes Ent¬
gegenkommen in der Marokkofrage Frankreich zu versöhnen.
Einen wie hohen wirtschaftlichen Wert Marokko auch für
Frankreich haben mag, einen wie bedeutenden politischen
und militärischen Machtzuwachs sich Frankreich von dieser
20 Vergrößerung seines nordafrikanischen Kolonialreichs ver¬
sprechen mag, seine Marokkopolitik war ihm gerade in den
kritischen Momenten noch mehr Mittel zum Zweck als Selbst¬
zweck. War es gewissen französischen Kreisen mit der an¬
fänglichen Ignorierung Deutschlands um einen wirksamen
25 Vorstoß gegen die Weltmachtstellung und das Ansehen
Deutschlands mit englischer Hilfe zu tun gewesen, so glaubte
man später eine Gelegenheit winken zu sehen, unter gün¬
stigen Bedingungen an der Seite Englands zur entschei¬
denden Abrechnung mit Deutschland zu kommen. Diese
00 Tendenzen der französischen Politik rückten die Marokko¬
frage zweimal in das Dordertreffen der großen Politik
und stellten die Erhaltung des Weltfriedens in Frage.
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