Full text: VII. Zeitraum: Von 1770 bis zu Goethes Tode (Teil 2)

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Und fruchtbar sich in Rat und That ergossen, 
Das haben wir erfahren und genossen. 
4. Denn er war unser! Mag das stolze Wort 
Den lauten Schmerz gewaltig übertönen! 
Er mochte sich bei uns im sichern Port 
Vach wildem Sturm!) zum Dauernden gewöhnen. 
Indessen schritt sein Geist gewaltig fort 
Ins Ewige des Wahren, Guten, Schönen, 
Und hinter ihm in wesenlosem Scheine 
Lag, was uns alle bändigt, das Gemeine?). 
5. Nun schmückt er sich die schöne Gartenzinne?), 
Von wannen er der Sterne Wort vernahm, 
Das dem gleich ew'gen, gleich lebend'gen Sinne 
Geheimnisvoll und klar entgegenkam. 
Dort, sich und uns zu köstlichem Gewinne, 
Verwechselt er die Zeiten wundersam, 
Begegnet so, im Würdigsten beschäftigt, 
Der Dämmerung der Nacht?), die uns entkräftigt. 
6. Ihm schwollen der Geschichte Flut auf Fluten), 
Verspülend, was getadelt, was gelobt, 
Der Erdbeherrscher wilde Heeresgluten, 
Die in der Welt sich grimmig ausgetobt, 
Im niedrig Schrecklichsten, im höchsten Guten 
Nach ihrem Wesen deutlich durchgeprobt. 
Nun sank der Mond, und zu erneuter Wonne 
Vom klaren Berg herüber stieg die Sonne. 
7. Nun glühte seine Wange rot und röter 
Von jener Jugend, die uns nie entfliegt, 
Von jenem Mut, der früher oder später 
Den Widerstand der stumpfen Welt besiegt, 
Von jenem Glauben, der sich stets erhöhter 
Bald kühn hervordrängt, bald geduldig schmiegt, 
Damit das Gute wirke, wachse, fromme, 
Damit der Tag dem Edlen endlich komme). 
) Nach den Mißgeschicken und Bedrängnissen seiner Jugendzeit fand 
Schiller in Jena und Weimar eine ruhige, beglückende Häuslichkeit und eine 
geregelte Thätigkeit. — 2) Das Alltägliche, Gewöhnliche. — 3) Im Frühling 
1797 bezog Schiller in Jena eine Gartenwohnung und erbaute sich am Ende 
des Gartens ein kleines Häuschen, um dort recht ungestört arbeiten zu kön— 
nen; ein Teil des „Wallenstein“ ist dort entstanden. — 9 Schiller liebte 
es, in den Nachtstunden an seinen Dichterwerken zu arbeiten. — 5) Diese 
Strophe bezieht sich auf Schillers geschichtliche Studien in Jena. — 6) Die 
7. Strophe schildert die hohe Gesinnung, die ihn bei diesen Arbeiten beseelte.
	        
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