fullscreen: Leseproben aus alt- und mittelhochdeutschen Dichtungen

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Erzählten viel von seltnen Zeichen, von Himmelswundern ohne gleichen, 
Von einem Knaben, den geboren die reine Jungfrau auserkoren. 
Von einem schönen Wunderstern, der strahlte in der Himmelsfern, 
Und machten fröhlich offenbar, daß es der Stern des Kindes war. 
„Wir sahen seines Sterns Gestalt, da wir aus unsrer Burg gewallt, 
Und betend waren hingegangen, um seine Gnade zu erlangen. 
Im fernen Osten ging er aus, ihr saht wohl hier auch seinen Lauf. 
Wir lasen viel im Sternenchor, dort sahen wir ihn nie zuvor. 
An diesem haben wir ergründet, daß er den neuen König kündet, 
Denn Männer aus der alten Zeit, die Habens bei uns prophezeit. 
Nun sollt ihr uns zur Kunde bringen, was eure Bücher davon singen." 
Zum König ist ihr Wort gelangt, der ist im Grimm darob erbangt. 
Ja alle Häupten männiglich betrübten mit dem König sich, 
Sie hörten alle mit Verdruß, was uns so hoch erfreuen muß. 
Und jener ließ zusammentragen, die Bücher alle, auf sie schlagen. 
Aus ihnen schnell es zu erspähn, wo Christ ins Leben sollte gehn. 
Und Schriftgelehrte arm und reich antworten seiner Frage gleich, 
Sie machten ihm die Burg bekannt, die längst der Seher Wort genannt. 
Seit ihm des Herrn Geburt enthüllt, hat Arglist ihm das Herz erfüllt, 
Er heißt die Weisen zu sich gehn, in Heimlichkeit ihm Rede stehn. 
Die Zeit erforschte er von ihnen, in welcher jener Stern erschienen. 
Er bat sie, nach dem Kind zu gehn, mit Eifer es ihm zu erspähn. 
„So thut mir eure Reisefahrt zugleich mit eures Sternes Fahrt. 
Erforscht ihr es, dazu dann thut, und sagt mir, wo das Kindlein ruht. 
Dann fahr ich hin und bet' es an, wie mir geraten manch ein Mann, 
Ich soll gar selber zu ihm dringen und soll ihm meine Gaben bringen." 
Das log der übermute Mann, er hatte gar verschiednen Plan, 
Er will das Kindlein lassen sterben und uns an ihm die Lust verderben. 
Sie hatten sein Gebot gehört, sich eilig auf die Fahrt gekehrt. 
Da leuchtete herab von fern der treue, wunderbare Stern. 
Sie schauten froh zur Himmelsflur und folgten seiner lichten Spur. 
Er führte sie auch treulich hin, wo sie das Knäblein sahen blühn. 
Sie sahn das Haus, darin es war; sie treten ein, es stellt sich dar 
Das gute Kind im Mutterarm, sie sinken nieder glaubenswarm. 
Sie beten an das hohe Kind und teilhaft seiner Hulden sind, 
Sie schließen auf ihm ihre Habe und thaten recht mit ihrer Gabe.
	        
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