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Die auf beiden Seiten einander gegenüberstehenden Heeresmassen
waren sich an Zahl und im ganzen gleich. Aber während die österreichische
Armee weit mehr altgediente Soldaten und kriegserfahrene Befehlshaber
aufzuweisen hatte, wurde dieser Vorteil von den Preußen mehr als
aufgewogen durch das durchschnittlich viel höhere Maß von Bildung
der Mannschaften, wie durch die in allen Schichten verbreitete Vater—
landsliebe und Opferwilligkeit. Aber auch in anderer Beziehung hatte
die preußische Armee Vorzüge vor der österreichischen. Die Infanterie
besaß durch das schnellere Feuer der Zündnadelgewehre eine entschiedene
Überlegenheit, wie sie ihr im vorigen Jahrhundert die Einführung des
eisernen Ladestockes gegeben hatte. Die Militärverwaltung, das
Sanitätsweseni) waren bei den Preußen in besserem Stande als bei
den Osterreichern, alle Teile der großen Maschine griffen regelmäßig
in einander ein.
Benedek verlegte, als er die Absichten der Preußen erkannte, sein
Hauptquartier von Olmütz nach Josephsstadt, in dessen Nähe die meisten
Corps versammelt wurden. Er lonnte indessen jeden Augenblick zum
Angriff übergehn, sich mit Übermacht den getrennten Heeren entgegen—
werfen, eins nach dem andern zurückschlagen und ihre Vereinigung
hindern. Statt dessen schickte er gegen die Elb- und erste Armee,
zusammen hundertvierzigtausend Mann, den Grafen Clam-Gallas mit
nur sechzigtausend Mann und glaubte, der schlesischen Armee, so wie sie
aus den Gebirgspässen hervorkam, je ein österreichisches Corps gegen
ein preußisches entgegenstellen zu müssen, wovon die Folge war, daß
eins seiner Corps nach dem andern geschlagen und vernichtet wurde.
Nach dem wohlberechneten Plane des Generalstabschefs von Moltke
und des Kriegsministers von Roon rückten die Preußen von drei Seiten
aus gegen Boͤhmen vor. Die erste Armee unter Prinz Friedrich Karl
drang von der sächsischen Lausitz aus, der rechte Flügel derselben, die
Elbarmeee unter Herwarth von Bittenfeld, von Dresden aus, die zweite
Armee unter dem Kronprinzen von Preußen von Schlesien aus in
Böhmen ein. Bei Gitschin sollten sich sämtliche Heere vereinigen.
Am 23. Juni überschritten die erste Armee, hunderttausend Mann
unter dem Prinzen Friedrich Karl, und die Elbarmee, vierzigtausend
Mann unter General Herwarth von Bittenfeld, jubelnd die sächsisch—
böhmische Grenze. In mehreren Gefechten (bei Liebenau, Podol,
Huünerwasser und Münchengrätz) wurden die Osterreicher zum Rückzug
genötigt. Am 29. Juni griff Prinz Friedrich Karl auf der Straße
gegen Königgrätz Clam-Gallas, der alle seine Streitkräfte zusammen—
gezogen, bei Gitschin mit, Ungestüm an und errang einen glänzenden
Sieg über die feindliche Übermacht, die sich ohne Ordnung auf Benedeks
Hauptarmee zurückzog. Den Preußen kostete dieser Tag zweitausend
Tote und Verwundete, den Osterreichern allein zweitausend Gefangene.
Die schlesische (zweite) Armee unter Führung des Kronprinzen rückte
teils über Nachod und Braunau, teils über Liebau und Trautenau vor.
Die Sanität, die Gesundheit.