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aus Mangel des Pferdes der Reiter; der Feind holte ihn ein und brachte
ihn um, was nicht geschehen wäre, wenn er nach den Nägeln am Huf
gesehen hätte.
So viel genug, lieben Freunde, von Fleiß und der Acht auf unsere
Geschäfte. Zu diesen beiden Dingen muß noch etwas, Mäßigkeit, hinzu¬
kommen. Wer nicht eben so gut zu sparen als zu verdienen weiß, der
kann sich zu Tode arbeiten, ohne einen Pfennig zu hinterlassen. Eine
fette Küche macht ein mageres Testament, sagt der arme Richard. Willst
du reich werden, so lerne nicht allein erwerben, sondern auch sparen.
Amerika hat Spanien nicht reich gemacht; denn seine Ausgaben über¬
stiegen immer seine Einnahme.
Schränkt Euren thörichten Luxus ein, so dürft Ihr nicht über schwere
Zeiten, drückende Abgaben und großen Aufwand im Hause klagen; denn
Wein, Spiel und Betrug schmelzen das Vermögen und vermehren die
Bedürfnisse. Ein einziges Laster kostet oft so viel zu unterhalten, daß
man zwei Kinder davon ernähren könnte. Ihr glaubt vielleicht, eine
Tasse Thee, ein Gläschen Punsch, ein Leckerbißchen, etwas feinere Kleider,
dann und wann eine Lustpartie haben so viel nicht auf sich; aber erinnert
Euch, was der arme Richard sagt: viele Wenig machen ein Viel. Nehmt
Euch vor kleinen Ausgaben in acht; ein kleiner Leck versenkt ein großes
Schiff. Ein leckerer Gaumen führt zum Bettelstäbe; Narren bezahlen
die Schüsseln, und die klugen Leute verzehren sie.
Ihr habt Euch hier zu einer öffentlichen Versteigerung von allerhand
Kaufmannsgut und Galanteriewaren versammelt. Ihr nennt diese Dinge
Güter; aber wenn Ihr nicht auf Eurer Hut seid, so werden sie für
einige unter Euch zu Übeln werden. Ihr denkt, sie werden wohlfeil,
vielleicht unter ihrem Wert weggehen, allein, wenn Ihr sie nicht unent¬
behrlich braucht, so werdet Ihr sie auf jeden Fall zu teuer bezahlen.
Denkt an das, was der arme Richard sagt: Kaufe nur, was du nicht
nötig hast, so wirst du bald das Nötige verkaufen müssen. Viele
haben sich bloß durch ihr wohlfeiles Einkäufen zu Grunde gerichtet. Der
Weise, sagt der arme Richard, wird durch fremden Schaden klug, ein
Narr kaum durch seinen eigenen. Ich kenne Leute, welche selbst hungern
und ihren eigenen Kindern das Brot entziehen, um sich das nötige Geld
für ein unnötiges schönes Kleid zu ersparen, z Seide, Samt und Atlas
löschen aber das Feuer in der Küche aus. Weit entfernt, Bedürfnisse
zu sein, gehören sie kaum unter die Bequemlichkeiten des Lebens: man
wünscht sie, bloß weil sie ins Auge fallen. So sind die künstlichen Be¬
dürfnisse der Menschen zahlreicher geworden als ihre natürlichen, und
so geraten reiche Leute in Armut und müssen oft von denen borgen,
die sie sonst kaum über die Achsel ansahen, die sich aber durch Fleiß
und Sparsamkeit in Wohlstand erhielten. Daraus erhellt klar, wie der
arme Richard sagt, daß ein Bauer auf den Füßen größer ist als ein
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