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Will, das muß Er wissen; meins heißt: Lecurn portans, und ich kann 
Ihm nichts weiter davon sagen, als daß es Anfang und Ende hat. 
Sein 
Diener. 
* 
41. Ueber das Gebet, 
an meinen Freund Andres. 
Es ist sonderbar, daß Du von mir eine Weisung über's 
Gebet verlangst; und Du verstehst's gewiß viel besser als ich. 
Du kannst so in Dir sein, und auswendig so verstört und albern 
aussehen, daß der Priester Eli, wenn er Dein Pastor loci wäre, 
Dich „ leicht in bösen Ruf bringen könnte. Und das sind gute 
Anzeichen, Andres. Denn, wenn das Wasser sich in Staubregen 
zersplittert, kann es keine Mühle treiben; und wo Klang und 
Rumor an Thür und Fenster ist, passirt im Hause nicht viel. 
Daß Einer beim Beten die Augen verdreht rc., find ich eben 
nicht nöthig, und halte ich's besser: natürlich! Indeß muß man 
Einen darum nicht lästern, wenn er nicht heuchelt; doch daß Einer 
groß und breit beim Gebet thut, das muß man lästern, dünkt 
mich, und ist nicht auszustehen. Man darf Muth und Zuversicht 
haben, aber nicht eingebildet und selbstklug sein; denn weiß Einer 
sich selbst zu rathen und zu helfen, so ist ja das Kürzeste, daß 
er sich selbst hilft. Das Händefalten ist eine feine äußerliche 
Zucht und sieht so aus, als wenn sich Einer auf Gnade und 
Ungnade ergiebt und's Gewehr streckt rc. Aber das innerliche, 
heimliche Hinhängen, Wellenschlägen und Wünschen des Herzens, 
das ist nach meiner Meinung beim Gebet die Hauptsache, und 
darum kann ich nicht begreifen, was die Leute meinen, die nichts 
vom Beten wissen wollen. Ist eben so viel, als wenn sie sagten, 
man solle nichts wünschen, oder man solle keinen Bart und keine 
Ohren haben. Das müßte ja 'n hölzerner Bube sein, der seinen 
Vater niemals etwas zu bitten hätte, und erst 'n halben Tag de- 
liberirte, ob er's zu der Extremität H wolle kommen lassen oder 
nicht. Wenn der Wunsch inwendig in Dir Dich nahe angeht, 
Andres, und warmer Complexion^) ist; so wird er nicht lange an¬ 
fragen, er wird Dich übermannen wie'n starker gewappneter Mann, 
wird sich kurz und gut mit einigen Lumpen von Worten behängen 
und am Himmel anklopfen. 
Aber das ist eine andere Frage, was und wie wir beten 
sollen. Kennt Jemand das Wesen dieser Welt, und trachtet er 
ungeheuchelt nach dem, was besser ist; dann hat's mit dem Ge¬ 
bet seine gewiesene Wege. Aber des Menschen Herz ist eitel und 
thöricht von Mutterleibs an. Wir wissen nicht, was uns gut 
) zum Aeußersten. — 2) recht lebhaft.
	        
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