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wartet sie der Marschbewohner; weiß er doch, daß die Deiche hoch und
stark genug sind, ihm sicheren Schutz zu gewähren. Höchstens mag ihm
ein trüber Gedanke an die Mühen und Kosten der Deicharbeit kommen,
die wenige Stunden herbeiführen können. So steht er, unbekümmert
um den heulenden Sturm, auf der Kappe des Deiches und schaut in
ernstem Sinnen auf die wallenden Fluten, von denen er genau weiß,
wann sie an den Deich heranströmen werden.
Noch ist das Vorland trocken; noch sind die Fluten in ihrem Bette.
Doch sieht man schon, wie sie toben, wie sie sich bäumen und die weißen
Zähne zeigen, als harrten sie voll Ungeduld der Stunde, da eine
höhere Macht ihnen das Zeichen zum Angriffe gibt. Jetzt nahen sie.
Lauter und lauter wird das Brausen und Donnern. Sie erreichen das
Vorland; in kurzer Zeit ist es bedeckt und bietet nun, so weit das Auge
reicht, nur eine einzige, wilde Wasserwüste, deren Schaumkämme blen¬
dend weiß gegen das trübe Grau der Wogen abstechen. Kein Schiff ist
weit und breit zu erspähen; alle sind sie vor dem Sturme in sichere
Buchten geflüchtet, und nur hier und dort kündet ein einsamer Weiden¬
baum, der mit seinem nickenden, wild zerzausten Haupte aus den Fluten
ragt, daß da unter den wilden Wogen grünes, fruchtbares Land liegt.
Und noch immer höher schwillt das Gewässer. Jetzt ist auch der Fuß
des Deiches beflutet, endlich der Deich selbst, und es beginnt durch dessen
Widerstand eine furchtbare Brandung. Mit zerstörender Gewalt schnaubt
Woge aus Woge an ihm hinauf. Kaum wird die erste zurückgewiesen
von seiner Schrägung, da rollt schon die nächste mit erneuter Wut
heran. Dazu steigt die Flut noch mit jedem Augenblicke. Hochaus
bäumen sich die wilden Wasser und schauen gierig über den Deich ins
gesegnete Land; weit hinein schleudern sie ihren stäubenden Schaum,
als ob sie der Anblick ihres ehemaligen Eigentums mit doppelter Wut
erfüllte. Dazu jagt der heulende Sturm des Himmels dunkle Regenwolken in
rasender Eile vor sich hin. Scharen von Möwen kämpfen umsonst mit
dem Winde, bis sie sich ermattet auf die geschützten Wiesen und Äcker
flüchten. All dies bietet ein Bild von wilder Großartigkeit.
Doch der Marschbewohner blickt noch immer kalt und ruhig in den
Aufruhr. Hat der Deich hinreichende Höhe und Schrägung, so wird
er nicht vor einer Flut weichen, ob auch ihre Wogen noch so tiefe Höh¬
lungen in seinen Leib wühlen. Doch wehe ihm, wenn das Wasser so
hoch steigt, daß es mit dem Gipfel des Deiches gleich wird. Vom unab¬
lässigen Bespülen ist dann bald die festgetretene Kappe erweicht, und das