Episches. 
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Ach Hirte, du bist von frommer Art, 
Vier gute Groschen hab' ich erspart, 
Gib deinen Knecht mir zur Seite, 
Daß er bis zum Dorf mich begleite. 
Ich will sie ihm geben, er trinke dafür 
Am nächsten Sonntag ein gutes Bier, 
Dies Geld hier, ich trag' es mit Beben, 
Man nahm mir im Traum drum das Leben!" 
Der Hirt, der winkte dem langen Knecht, 
Er schnitt sich eben den Stecken zurecht, 
Jetzt trat er hervor — wie graute 
Dem Knaben, als er ihn schaute! 
„Ach Meister Hirte, ach nein, ach nein, 
Es ist doch besser, ich geh' allein!" 
Der Lange spricht grinsend zum Alten: 
„Er will die vier Groschen behalten." 
„Da sind die vier Groschen!" Er wirft sie hin 
Und eilt hinweg mit verstörtem Sinn. 
Schon kann er die Weide erblicken, 
Da klopft ihn der Knecht in den Rücken. 
„Du hältst es nicht aus, du gehst zu geschwind, 
Ei, Eile mit Weile, du bist ja noch Kind. 
Auch muß das Geld dich beschweren, 
Wer kann dir das Ausruhn verwehren? 
Komm, setz dich unter den Weidenbaum 
Und dort erzähl mir den häßlichen Traum! 
Mir träumte — Gott soll mich verdammen, 
Trifft's nicht mit deinem zusammen!" 
Er faßt den Knaben wohl bei der Hand, 
Der leistet auch nimmermehr Widerstand, 
Die Blätter flüstern so schaurig, 
Das Wässerlein rieselt so traurig! 
„Nun sprich, du träumtest" — „Es kam ein Mann —" 
„War ich das? Sieh mich doch näher an! 
Ich denke, du hast mich gesehen! 
Nun weiter, wie ist es geschehen?" 
„Er zog ein Messer!" — „War das wie dies?" — 
„Ach ja, ach ja!" —„Erzog's"—„Und stieß" — 
„Er stieß dir's wohl so durch die Kehle? 
Was hilft es auch, daß ich dich quäle?" 
Und fragt ihr, wie's weiter gekommen sei, 
So fragt zwei Vögel, sie saßen dabei. 
Der Rabe verweilte gar heiter, 
Die Taube konnte nicht weiter!
	        
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