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Scherchen aus der Tasche und schnitt das Ende des Bartes ab. Sobald
der Zwerg sich frei fühlte, griff er nach einem Sack, der zwischen den
Wurzeln des Baumes steckte und mit Gold gefüllt war, hob ihn heraus
und brummte vor sich hin: „Ungehobeltes Volk, schneidet mir ein Stück
von meinem stolzen Barte ab! Lohn's euch der Kuckuck!" Damit schwang
er seinen Sack auf den Rücken und ging fort, ohne die Kinder nur noch
einmal anzusehen.
6.
Einige Zeit danach wollten Schneeweißchen und Rosenrot ein Gericht
Fische angeln. Als sie nahe bei dem Bach waren, sahen sie, daß etwas
wie eine große Heuschrecke nach dem Wasser zu hüpfte, als wollte es
hineinspringen. Sie liefen heran und erkannten den Zwerg. „Wo willst
du hin?" sagte Rosenrot, „du willst doch nicht ins Wasser?" — „Solch
ein Narr bin ich nicht," schrie der Zwerg, „seht ihr nicht, der verwünschte
Fisch will mich hineinziehen?" Der Kleine hatte dagesessen und geangelt,
und unglücklicherweise hatte der Wind seinen Bart mit der Angelschnur
verflochten. Als gleich darauf ein großer Fisch anbiß, fehlten dem schwachen
Geschöpf die Kräfte, ihn herauszuziehen; der Fisch behielt die Oberhand
und riß den Zwerg zu sich hin. Zwar hielt er sich an allen Halmen
und Binsen, aber das half nicht viel, er mußte den Bewegungen des
Fisches folgen und war in beständiger Gefahr, ins Wasser gezogen zu
werden. Die Mädchen kamen zu rechter Zeit, hielten ihn fest und ver¬
suchten, den Bart von der Schnur loszumachen, aber vergebens, Bart und
Schnur waren fest ineinander verwirrt. Es blieb nichts übrig, als das
Scherchen hervorzuholen und den Bart abzuschneiden, wobei ein kleiner
Teil desselben verloren ging. Als der Zwerg das sah, schrie er sie an:
„Ist das eine Manier, ihr Lorche, einem das Gesicht zu schänden? Nicht
genug, daß ihr mir den Bart unten abgestutzt habt, jetzt schneidet ihr mir
den besten Teil davon ab; ich darf mich vor den Meinigen gar nicht
sehen lassen. Daß ihr laufen müßtet und die Schuhsohlen verloren
hättet!" Dann holte er einen Sack Perlen, der im Schilfe lag, und ohne
ein Wort weiter zu sagen, schleppte er ihn fort und verschwand hinter
einem Stein.
7.
Es trug sich zu, daß bald hernach die Mutter die beiden Mädchen
nach der Stadt schickte, Zwirn, Nadeln, Schnüre und Bänder einzukaufen.
Der Weg führte sie über eine Heide, ans der hier und da mächtige Fels¬
stücke zerstreut lagen. Da sahen sie einen großen Vogel in der Luft
schweben, der langsam über ihnen kreiste, sich immer tiefer herabsenkte und