Immanuel Kant.
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geleitet. Hier wurde eine würdige Trauerfeier gehalten; an diese
schloß sich die feierliche Beisetzung in der Professorengruft. 1880
wurden jedoch die Gebeine ausgegraben und in einer einfachen
Kapelle beigesetzt, die in jedem Jahre am 22. April geöffnet wird,
um den Verehrern des großen Weisen an seinem Geburtstage den
Zutritt zu seiner Ruhestätte zu ermöglichen. An demselben Tage
versammeln sich Freunde und Verehrer Kants in der ,,Kantgesell¬
schaft“ zu einem gemeinsamen Mahle, bei welchem von dem in
jedem Jahre neugewählten „Bohnenkönige“1) mit Bezugnahme auf
Kant eine Tischrede gehalten wird. Aber weit über diesen engen
Kreis der Verehrer hinaus lebt sein Name in der Nachwelt fort.
Was uns immer wieder zu ihm hinzieht, ist der Umstand, daß er,
wie selten ein Mensch, sein Leben im Einklang mit seiner Lehre
einzurichten gewußt hat. Betrachten wir ihn als Gelehrten oder
als Menschen: immer bleibt er groß und verehrungswürdig; denn
er ist und bleibt uns durch seine Lehre ein sicherer Wegweiser
und durch sein Leben ein leuchtendes Vorbild. Darum kann und
wird er nie vergessen werden; „denn wer den Besten seiner Zeit
genug getan, der hat gelebt für alle Zeiten.“
2. Kantaussprüche.
1. „Der Mensch bedarf wenig und auch das nur kurze Zeit.“
2. „Niemals empört etwas so als Ungerechtigkeit; alle andern
Übel, die wir ausstehen, sind nichts dagegen.“
3. „Betrachte jeden Menschen niemals als Mittel zum Zweck,
sondern als Selbstzweck.“
4. „Kann derjenige wohl redlich, kann er wohl tugendhaft
heißen, welcher sich gern seinen Lieblingslastern ergeben würde,
wenn ihn nur keine künftige Strafe schreckte, und wird man nicht
vielmehr sagen müssen, daß er zwar die Ausübung der Bosheit
scheue, die lasterhafte Gesinnung aber in seiner Seele nähre,
daß er den Vorteil der tugendähnlichen Handlungen liebe, die
Tugend selbst aber hasse?“
0 Beim Festmahl wird zum Schluß eine Torte herumgereicht, in die
eine Bohne eingebacken ist. Wer ein Stück mit der Bohne antrifft, der
ist für das nächste Jahr „Bohnenkönig“ und hat die Geschäfte der Kant¬
gesellschaft“ zu führen. Die beiden rechts und links von ihm sitzenden
Tischgenossen sind für das nächste Jahr seine „Minister“.