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er in Bremen eine kleine Gemeinde um sich sammelte, 1524 zu Mel-
dorf, wohin er sich geflüchtet, durch die Dithmarsen einen qualvollen
Flammentod sterben ließ, konnte Christoph die Bewohner der beiden
Diözesen doch nicht abhalten, sich durch die Bibel mit der reinen Lehre
bekannt zu machen. Als daher im Jahre 1558 Christoph starb, gehörten
fast alle schon dem neuen Glauben an, in dessen Bekenntnis sie durch
den folgenden evangelischen Bischof Eberhard, bisher Abt des Michaelis-
klosters zu Lüneburg, geschirmt und befestigt wurden. —
7. Die härtesten Kämpfe hatte jedoch die Reformation im Bistum
Osnabrück (in dessen Besitz Hannover durch den Hauptdeputations¬
rezeß vom 25. Februar 1803 gelangte) zu bestehen. Auf dem bischöf¬
lichen Stuhle saß zu der Zeit Erich II., Bruder des Herzogs von Gruben¬
hagen, welchem es gelang, der Osnabrücker Bürgerschaft durch Klug¬
heit und bedächtigen Ernst den Einfluß auf kirchliche Angelegenheiten
zu entziehen. Während hierdurch eine starke Spannung hervorgerufen
wurde, drang die Kunde von der Lehre Luthers auch nach Osnabrück.
Begierig hörte man Hecker, Horsten, Missing, Clarenbach das lautere
Evangelium verkündigen; daß dieses frei in der Kirche geschehe,
wünschte die Gemeinde, nicht aber der Rat. Die Bürgerschaft griff
1525 zu den Waffen und vertrieb einen Teil der Geistlichkeit. Da zog
Erich mit einem mächtigen Heere gegen die Stadt; die Bürger er¬
schraken, mit Geld mußten sie die Rache des Fürsten abkaufen und
die verjagten Priester wieder aufnehmen. Dieses und ein schrecklicher
Brand im Jahre 1530, der schnell 1107 Gebäude in Asche legte und die
Sorge mehr nach außen lenkte, bewirkte, daß das Luthertum nur im
Geheimen wuchs. Auf den im Jahre 1532 verstorbenen Erich folgte
Franz II., Graf von Waldeck. So besonnen dieser seinen Hirtenstab
auch führte, so kräftig mußte er doch gegen die damals kühn in Münster
auftretenden Wiedertäufer einschreiten. Die Sekte hatte nämlich in
der genannten Stadt zahlreichen Anhang gefunden und daselbst nach
Vertreibung aller Andersdenkenden im Jahre 1533 ihre Pöbelherrschaft,
„ein neues Jerusalem“, errichtet. Jan von Leyden (der Schneider Bock¬
holt) war König, Jan Matthiesen sein Prophet und Knipperdolling sein
Scharfrichter. Der Aufruhr war so groß, daß Franz, welcher zugleich
auch dem Bistum Münster vorstand, mit Hilfe der Herren aus West¬
falen und Hessen die Stadt belagern mußte und erst nach 15 Monaten
erobern konnte. Noch während der Belagerung hatten sich aber Wieder¬
täufer nach Osnabrück geschlichen und die jüngeren Bürger durch
ihre Beredtsamkeit fortgerissen. Die Prediger wurden indessen er¬
griffen, nach Iburg abgeführt und dort hingerichtet. Es währte nun
erst noch eine Reihe von Jahren, bis der sonst so milde und fromme
Bischof Franz endlich bewogen werden konnte, seinen Bürgern die
Niedersächsisches Lesebuch für Mittelschulen, Teil IIIB. 1912. 22