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54. Deutschland in der Urzeit.
Alpen in Oberbayern und in der Schweiz schlugen die Ur¬
bewohner zahlreiche zugespitzte Pfahle aus jungen Baum¬
stämmen in den weichen Grund. Auf den Pfählen, welche
über den Seespiegel hervorragten, erbauten sie ihre Woh¬
nungen und deckten sie mit dem Schilfrohr des Ufers. Noch
heute sindet man am Starnbergersee, am Zürichersee re. die
Pfahlreste der Pfahlbaudörfer und ihre Haus- und Küchen¬
abfülle. Die Bewohner lebten seßhaft und gesellig, hielten
Haustiere, Rindvieh, Schafe, Ziegen, dörrten für diese zum
Winterfutter das Wiesengras; sie aßen die Frucht des wilden
Apfelbaums, trieben Ackerbau und buken Brot. Aus ihren
Kühnen, welche ans Baumstämmen zugehauen und ausgehöhlt
waren, fuhren sie zum Fischfang und sicherlich auch zum
Raub aus. Schon wärmte sich an ihrem Herdfeuer die ge¬
zähmte Katze, und schon war der Hund der Wächter ihrer Insel-
hütten und ihr Führer auf der Fährte vom Ur und Elen.
2. Von welchem Volke die uranfänglichen menschlichen
Ansiedler deutscher Erde gewesen sein mögen, kann nieniand
wissen. Sie wurden eines Tages verdrängt von unsern
Urahnen, welche aus fernen Landen daherzogen. Vor un¬
gezählten Jahrtausenden saßen diese mit ihren Stammes¬
brüdern in der arischen Urheimat, im Alpenlande des Hima¬
laja an den Quellen des Indus und Oxns, wo sie gemeinsam
zu den Urgöttern aller „Arja" — zu den Lichtgeistern —
gebetet haben. Mehr als 12 Jahrhunderte vor Christus
waren unsere Stammeltern (die Germanen) nebst ihren
Bruderstämmen, den Hellenen, Italikern, Kelten und Slaven,
nach Europa ausgewandert. Von Sonnenaufgang zogen
die Germanen gegen Sonnenuntergang über den Ural nach
Skandinavien.
3. Auf dem kargen Boden dieses Landes gefiel es den
Germanen nicht lange. Nur ein kleiner Teil des Volkes
blieb daselbst, und ihre Nachkommen bewohnen noch heute
diese Halbinsel. Der größere Teil hatte sich über Deutsch¬
land ergossen, wie ein gewaltsamer Strom, welcher die vor¬
gefundenen Kelten vernichtete oder zur Seite schob, süd- und
westwärts. Dann war der germanische Wanderstrom vorerst
zum Stauen und Stehen gekommen. Unsere Altvorderen
richteten sich häuslich ein in den weiten Landen zwischen
der Nord- und Ostsee, der Donau und den Alpen, zwischen
Oder, Elbe und Rhein.