228 Sechster Zeitraum.
mehr als Familienglieder, und die Herrn und Söhne hal⸗
fen ihnen nicht, wie in frühern Zeiten. Weil besonders sie
wegen unmenschlicher Behandlung gern entflohen, so wurden
sie mit Ketten an ihre Werkzeuge geschlossen. Die Nacht
brachten sie gleichfalls gefesselt in einem großen Stalle zu,
welcher ergaslulum hieß. Es ist noch zu bewundern, daß
die Sclaven im römischen Reiche sich nicht sänmtlich von
ihren Tyrannen befreieteten. Sie hätten es wohl vermocht,
denn es waren dreimal so viele Sclaven im Lande, wie
freie Bürger *). — Die Sclaven, welche im Hause ihrer
Herren geboren, wohl sogar mit diesen erzogen waren, hat⸗
ten ein erträglicheres Loos. Sie waren nicht selten Ver—
traute ihrer Herrschaften, bekamen köstliches Essen, wenig
Arbeit, und benahmen sich oft sehr übermüthig. In man—
chem Hause hatte ein Sclave die Leitung, nicht der Herr.
AÄber wehe den Unglücklichen, die einem schlechten Herrn
dienten! Vedius Pollio, ein Freund des Augustus, ließ
wegen geringer Versehen Sclaven in Stücke hauen, und
mit ihrem Fleische die großen Seefische in seinem Ze
füttern. Verklagt konnte er darüber nicht werden, denn
freier Römer hatte das Recht über Leben und Tod seiner
Sclaven. Nach den milderen Gesetzen Solons durfte kein
Sclave ohne Richterspruch getödtet werden, und ein Herr,
über den der Sclave sich fortwährend beschwerte, mußte die—
sen verkaufen. Nicht so war es bei dem harten Krieger—
volke. In Rom durfte der Unglückliche sich bei Niemandem
über seinen Gebieter beklagen. Erst Augustus erlaubte den
Mißhandelten, bei dem Stadtpräfecten Vorstellungen gegen
Ungerechtigkeiten zu erheben, von einem Rechte der Knechte
gegen ihre Herren kann aber keine Rede sein! Claudius be—
schränkte in etwa der Letzteren Willkür, und Hadrian nahm
Unter Augustus hinterließ ein Freigelassener, wie Plinius be
richtet, trotz seiner Verluste im Bürgerkriege dennoch außer 3600 Joch
Ochsen 200,600 Stück kleines Vieh, auch 4160 Sclaven, und Ahe
näus erzählt, er kenne viele Römer, welche in zum Nutzen, *
bloß zum Prunk 10,000 ja selbst 20,000 Sclaven besäßen. Hieran⸗
kann man sich ungefähr eine Vorstellung von der Masse dieser U
glücklichen im römischen Reiche und besonders in Rom machen.