Full text: Von Alexander d. Gr. bis Christus (Bd. 3)

229 Siebenter Zeitraum. 
erst lange im Kerker hungern, dann wurde er auf der Fol⸗— 
ter ausgestreckt, und in dieser Lage mit eisernen Nägeln 
zerfleischl. Die Freude strahlte aber aus des Bekenners Ge— 
sichte, so daß der Richter die Schexgen schlagen ließ, ihn 
ärger zu martern. Sie thaten es, und arbeiteten sich außer 
Athem, ohne den Dulder zu erschüttern. Dieser wurde nun 
auf ein eisernes Bett gelegt, dessen Stangen aus Sägen 
bestanden, die tief in das Fleisch schnitten; durch ein unter— 
gelegtes Feuer ward das Bett glühend, und den obern 
Theil des Körpers belegte man mit glühenden Blechen. 
Dann streute man Salz in die Wunden, Salzstücke spran— 
gen aus dem Feuer prasselnd zurück, und drangen tief in 
das Fleisch. Vincentius lag ganz still auf seinem Schmer— 
zensbette, und seine Augen sahen immer den Himmel an. 
So zugerichtet warf man ihn ins Gefängniß nackt auf 
Scherben. Hier sang er das Lob Gottes; der Kerkermei— 
ster hörte es, und wurde Christ. Der Richter heulte vor 
Wuth, und gönnte dem Heiligen den Ruhm nicht, an den 
Qualen zu sterben. Darum befahl er, ihn zu heilen, und 
deshalb ihn fürs erste in ein guͤtes Bett zu bringen. Al— 
lein der Märtyrer gab gar bald seinen Geist auf. 
In der letzten Zeit wurde auf Befehl Diocletians das 
Hinrichten eingestellt. Man verstümmelte nun die Bekenner, 
grub ihnen ein Auge aus dem Kopfe, und schickte sie dann 
in die Bergwerke, um sie lebenslänglich von harten Aufse— 
hern mißhandeln zu lassen. 
Und nun nichts mehr von den Qualen der Märtyrer! 
Was müssen wir aber wohl von einer Religion denken, 
welche solcher Bekenner sich rühmen darf, und was von uns, 
daß wir solche Bekenner zu unsern Glaubensgenossen zählen 
können? Das Heidenthum, obschon mit Macht und Waffen 
versehen, hatte sich, dem Christenthume gegenüber, in seiner 
Ohnmacht bewiesen, und dieses die schönsten Triumphe ge⸗ 
feiert. Der Märtyrer Blut war der Same zu neuen Chri— 
sten. Solchen Helbenmuth, wie die Blutzeugen offenbarien, 
besitzt der Mensch nicht aus eigenen Kräften, sondern er 
bedarf dazu der höheren Kräftigung, und eine Religion, 
e solche Beklenner zu bilden verstand, muß eine gött⸗ 
iche sein. 
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