Full text: Ergänzungsband für Mittelschulen (Teil 4, [Schülerbd.])

44 — ανννν Hans Jalob Christoffl von Grimmelshausen tνν 
rat große Packen, als wenn sie einen Krempelmarkt abhalten wollten; 
was sie aber nicht mitzunehmen gedachten, wurde zerschlagen. Sie durch— 
stachen Heu und Stroh mit dem Degen, als ob sie nicht Schafe und 
Schweine genug zu erstechen gehabt hätten; sie schütteten die Federn 
aus den Betten und füllten Speck, dürres Fleisch und Gerät hinein, 
als ob nun besser darauf zu schlafen wäre; sie zertrümmerten Ofen 
und Fenster, als hätten sie einen ewigen Sommer zu verkünden; 
sie schlugen Kupfer⸗ und Zinngeschirr zusammen und packten die ge— 
bogenen Stücke ein; sie verbrannten Bettstellen, Tische, Stühle und 
Bänke, obgleich viele Klafter Brennholz im Hofe lagen, und sie 
warfen Häfen und Schüsseln entzwei, weil sie entweder lieber Ge— 
bratenes aßen oder hier nur eine einzige Mahlzeit abzuhalten ge— 
dachten. Unsere Magd wurde im Stall dermaßen mißhandelt, daß 
sie kaum noch gehen konnte. Den Knecht legten sie gebunden auf die 
Erde, steckten ihm ein Sperrholz in den Mund und schütteten ihm 
einen Melkkübel voll garstiger Mistjauche in den Leib, was sie einen 
schwedischen Trank nannten. Dadurch zwangen sie ihn, eine Ab— 
teilung nach dem nächsten Versteck zu führen, wo sie Menschen und 
Vieh wegnahmen und in unsern Hof brachten. Mit ihnen kamen 
auch mein Knan, meine Meuder und Ursele in den Hof zurück. 
Nun fing man an, die Steine von den Pistolen loszuschrauben und 
dafür die Daumen der Bauern festzuschrauben und die armen Schelme 
so zu foltern, als wenn man Hexen verbrennen wollte. Einen der 
gefangenen Bauern steckten sie in den Backofen und heizten unter ihm 
ein, weil er noch nicht bekannt hatte. Einem andern legten sie ein 
Seil um den Kopf und drehten es mit einem Knüttel zusammen, daß 
ihm das Blut aus Nase, Mund und Ohren sprang. Genug, jeder 
hatte seine eigene Erfindung, die Bauern zu peinigen. Mein Knan 
war meiner damaligen Ansicht nach der Glücklichste, weil er mit 
lachendem Munde bekannte, was andere unter Schmerzen und Weh— 
klagen sagen mußten. Solche Ehre widerfuhr ihm ohne Zweifel nur 
darum, weil er der Hausvater war. Sie setzten ihn an ein Feuer, 
banden ihn, daß er weder Hände noch Füße rühren konnte, und rieben 
seine Fußsohlen mit angefeuchtetem Salz ein, das ihm unsere alte 
Geiß wieder ablecken mußte. Das kitzelte ihn derart, daß er vor 
Lachen bersten wollte. Mir kam es so spaßig vor, daß ich zur Ge— 
sellschaft, oder weil ich's nicht besser verstand, mitlachte. Unter sol— 
chem Gelächter bekannte er, daß er einen Schatz, der an Gold, 
Perlen und Kleinodien viel reicher war, als man bei Bauern er— 
warten konnte, im Garten vergraben hätte. Von den gefangenen 
Weibern, Mägden und Töchtern weiß ich nicht viel zu sagen. Das 
aber weiß ich, daß man hin und wieder in den Winkeln erbärmlich
	        
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