Full text: [Theil 3, [Schülerbd.]] (Theil 3)

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Er trägt nicht Helm noch Panzer, nicht geht's ans blnt'gen Strauß, 
Ins Wudbad will er reiten, wo heiß ein Qncll entspringt, 
Der Sieche heilt und kräftigt, der Greise wieder sängt. 
Zu Hirsau bei dem Abte, da kehrt der Ritter ein 
Und trinkt bei Orgelschalle den kühlen Klosterwein. 
Dann geht's durch Tannenwälder ins grüne Thal gesprengt, 
Wo durch ihr Fclscnbette die Enz sich rauschend drängt. 
Zu Wildbad an dem Markte, da steht ein stattlich Haus, 
Es hängt daran zum Zeichen ein blanker Spieß heraus, 
Dort steigt der Graf vom Rosse, dort hält er gute Rast, 
Den Quell besucht er täglich, der ritterliche Gast. 
Wenn er sich dann entkleidet und wenig ausgeruht 
Und sein Gebet gesprochen, so steigt er in die Flut; 
Er setzt sich stets zur Stelle, wo aus dem Fclsenspalt 
Am heißesten und vollsten der edle Sprudel wallt. 
Ein angeschoßner Eber, der sich die Wunde wusch, 
Verrieth voreinst den Jägern den Quell in Kluft und Busch, 
Nun ist's dem alten Recken ein lieber Zeitvertreib, 
Zu waschen und zu strecken den narbenvollen Leib. 
Da kommt einsmal gesprungen sein jüngster Edelkuab': 
'Herr Graf! es zieht ein Haufe das obre Thal herab. 
Sie tragen schwere Kolben, der Hauptmann führt im Schild 
Ein Röslein roth von Golde und einen Eber wild.' 
Mein Sohn! das sind die Schlegler, sie schlagen kräftig drein, — 
Gieb mir den Leibrock, Junge! — das ist der Eberstein, 
Ich kenne wohl den Eber, er hat so grimmen Zorn, 
Ich kenne wohl die Rose, sie führt so scharfen Dorn.' 
Da kommt ein armer Hirte in athemlosem Lauf: 
'Herr Graf! es zieht 'ne Rotte das untre Thal herauf. 
Der Hauptmann führt drei Beile, sein Rüstzeug glänzt und gleißt, 
Daß mir's, wie Wetterleuchten, noch in den Augen beißt.' 
'Das ist der Wunnensteiner, der gleißend' Wolf genannt, — 
Gieb niir den Mantel, Knabe! — der Glanz ist mir bekannt, 
Er bringt mir wenig Wonne, die Beile hauen gut, — 
Bind mir das Schwert zur Seite! — der Wolf, der lechzt nach Blut. 
'Ein Mägdlein mag man schrecken, das sich im Bade schmiegt, 
Das ist ein lustig Necken, das niemand Schaden fügt, 
Wird aber überfallen ein alter Kriegesheld, 
Dann gilt's, wenn nicht sein Leben, doch schweres Lösegeld.' 
Da spricht der arme Hirte: 'Des mag noch werden Rath, 
Ich weiß geheime Wege, die noch kein Mensch betrat, 
Kem Roß'mag sic ersteigen, nur Geißen klettern dort, 
Wollt Ihr sogleich mir folgen, ich bring' Euch sicher fort.' 
Sie klimmen durch das Dickicht den steilsten Berg hinan, 
Mit seinem guten Schwerte haut oft der Graf sich Bahn, 
Wie herb das Fliehen schmecke, noch hat er's nie vermerkt, 
Niel lieber möcht' er fechten, das Bad hat ihn gestärkt. 
In heißer Mittagsstunde bergunter und bergauf! 
Schon muß der Graf sich lehnen auf seines Schwertes Knauf. 
Darob erbarmt'« dm Hirten des alten, hohen Herrn, 
Er nimmt ihn auf den Rücken: 'Ich thu's von Herzen geru.' 
Da denkt der alte Greiner: 'Es thut doch wahrlich gut, 
So sänftlich sein getragen von einem treuen Blut;
	        
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