fullscreen: Augsburger Lesebuch für die sechste Volksschulklasse

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54. Das Mittelländische Meer. ꝛ e — 
den Welthandel beherrschten. Indem sie die vielen über⸗ 
fahrten der Kreuzheere nach dem Heiligen Lande besorgten, 
waren sie so reich und mächtig geworden, daß sie den 
sämtlichen verbündeten Fürsten Europas trotzten. Beim 
Beginne der Reformation stand Venedig auf dem Gipfel seiner 
Maͤcht. Man kaufte zu jenen Zeiten die geschätzten Erzeugnisse 
Ostindiens: Gold, Edelsteine, Gewürze, Elfenbein, Baumwolle, 
Seide, Apotheker⸗ und andere Waren den arabischen Kaufleuten 
ab, die sie nach dem Arabischen und Persischen Meerbusen brach— 
ten, von wo aus sie auf Kamelen nach Alexandrien oder nach 
den syrischen und kleingsiatischen Häfen geführt und nun durch 
die Italiener weiter nach Europa vertrieben wurden. 
Die Verteuerung der Waren durch diesen Zwischenhandel 
trieb die Portugiesen zu Entdeckungsreisen an, welche zu der 
Entdeckung des Seeweges nach Ostindien führten, wo Vasco 
de Gama 1498 int Die Portugiesen eroberten und besetzten 
Ormus am Persischen Meerbusen, Ceylon, Malakka und die 
seoluen machten Goa zum Mittelpunkte ihres ostindischen 
Handels, gingen mit China Handelsverbindungen ein und so 
wanderte denn die Herrschaft auf dem Meere von Venedig und 
Genua, den „Augen Italiens“, noch weiter westlich nach Por⸗ 
tugal, das nunmehr den Welthandel behauptete. 
Auf die Portugiesen folgten die Spanier, Franzosen, Dänen, 
Holländer und endlich die Engländer als Handelsherren der 
Welt. Jetzt sind London, Antwerpen, Hamburg, Lissabon und 
Amsterdam die Haupthandelsplätze Europas. 
Daß das Mittelmeer jetzt wieder anfängt zu höherer Bedeu⸗ 
tung zu gelangen, verdankt es der im Jahre 1869 erfolgten 
Eröffnung des Suezkanals und der dadurch hergestellten Ver⸗ 
bindung mit dem Roten Meere. Der Handelsweg um Afrika 
weicht dem über Suez. Auf jenem Wege liegen London und 
Bombay 11500 englische Meilen voneinander; dieser Weg ist 
dagegen um 5300 Meilen kürzer. Die Holländer ziehen nun ihr 
Jaba, ebenso die Engländer, Franzosen und Deutschen ihre asia⸗ 
schen Besitzungen auf viele Hunderte von geographischen Meilen 
näher an sich. Die Erzeugnisse jener Länder kommen uns dadurch 
natürlich auch um so viel näher und wir erhalten sie wohlfeiler 
und in größerem Maße, wofür wir größere Massen von unseren 
Erzeugnissen mit Vorteil absetzen. Darin besteht der eingetretene 
große Umschwung der Handels- und Verkehrsverhältnisse, wo— 
ei das Mitlelmeer als Hauptvermittler zwischen Europa, Asien 
und Afrika an Bedeutung in hohem Grade gewinnt. Joseph Kitzen. 
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