Full text: [Teil 5, [Schülerbd.]] ([Teil 5, [Schülerbd.]])

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Von dem ersten Augenblicks wo das Netz gehoben wird, und die Tiefe 
noch den Fang birgt, bis zum Augenblicke, wo der gekaperte Fisch unter 
dem Messer endet, steigt die Spannung mit jeder Sekunde, und selbst die 
im Anfange teilnahmlosesten Zuschauer werden allmählich hingerissen, sich 
beim Bewältigen des Zuges zu beteiligen. 
6. Der Thunfisch ist ein ungeschlachter, unschön gebauter Fisch, etwa 
von der Gestalt eines Barsches, nur noch kürzer im Verhältnis und 
dicker in seinem vorderen Teile. Selten erreicht er mehr als Mannes¬ 
länge; bei zunehmendem Gewichte wächst er nicht mehr, wie andere 
Fische, in die Länge, sondern in die Breite, so daß, je älter und größer, 
er auch um so häßlicher in seiner Gestalt wird. Er gehört der Familie 
der Makrelen an und hat mit diesen die fast nackte, auf dem Bauche 
silberglänzende Haut gemein, die auf dem Rücken fast schwarz ist und 
auf der Seite scharfe, gekielte Schuppen wie Dachfirstziegel trägt, in 
welchen die Ausführungsgänge der Schleimkanäle gebohrt sind. Auf 
dem Rücken steht eine mit starken Stachelstrahlen besetzte Flosse, an welche 
sich weiche Flossen und dann einzelne Federflössel schließen, welche die 
Verbindung zwischen der Rückenflosse und der Schwanzflosse herstellen, 
ohne indes selbst durch Haut mit einander verbunden zu sein. Der 
Schwanz ist sehr dünn, aber auf beiden Seiten mit einem wagerechten 
Hautsalze geziert. An seinem Ende steht die große, tief ausgeschweifte, 
halbmondförmige Schwanzflosse. Die Brustflossen sind lang und spitz, 
vor ihnen findet sich ein Kranz stärkerer Schuppen wie eine Art Küraß 
um die Kehle. Der Kops ist nackt, der Rachen weit gespalten, mit 
Bürstenzähnen besetzt. 
7. Unzweifelhaft ist der Thunfisch ein arger Raubfisch, der in 
Herden hinter den kleineren Fischen herzieht und selbst wieder von den 
Delphinen und den größeren Haien gejagt wird. Aber int Netz ist es 
ein friedfertiges, zahmes Tier — still und ergeben, das sich seinem 
Schicksale überläßt, ohne durch Schwanzschläge oder verzweifelte Sprünge 
sein Unbehagen kund zu thun. Wenn wir nur mit Thunfischen zu thun 
hätten', sagte mir der Oberfischer, so brauchten wir wahrlich diese starken 
Seile, diese aus Tauen geflochtenen Netze nicht, — den Thunfisch hält 
ein Spinnwebfaden; — wenn er Widerstand spürt, geht er zurück und 
schwimmt im Kreise umher, einen Ausweg zu suchen. Sie werden sehen, 
fügte er hinzu, indem er in die Tiefe deutete, wenn die Herde, welche 
da unten ist, heraufkommt, so werden sie sich betragen wie gebildete 
Menschen in einem verschlossenen Salon, — sie werden an allen Maschen 
herumschwimmen und nicht unanständige Sprünge machen und uns 
unnötigerweise bespritzen. Aber da sind diese Teufel von Delphinen und 
die ungeschlachten Bestien von Haien und Seekälbern; wenn uns die in 
das Netz geraten, dann geht es schlimm zu. Zwar der Delphin kommt 
selten herein, dazu ist er zu schlau, — wissen Sie wohl, daß das der 
klügste Fisch ist, der das Netz auf tausend Schritt weit riecht? Sie 
lachen? Ich sage Ihnen, der Hai ist ein dummes Vieh trotz seines großen 
Maules und seiner langen Zähne, er hat nur Kraft; voriges Jahr nahm 
uns einer zwanzig Meter Netzwerk mit und schleppte einen Anker bis 
über den Turm hinaus, daß wir drei Tage lang nach ihm suchen 
mußten, — aber der Delphin — sehen Sie, wenn der darinnen ist,
	        
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