Full text: Grundriß der preußisch-deutschen sozialpolitischen und Volkswirtschafts-Geschichte

Friedrich Wilhelm I. und Friedrich der Große. 35 
an seinem Ruhm und der Bewunderung der Welt entschädigt, man 
spürte den wohltuenden Hauch seiner großen, freien Denkart und 
fühlte sich ihm menschlich näher. Ein gemeinsamer großer Grundzug 
geht durch die ganze innere Politik beider Könige: der Staat 
wird so verwaltet, daß er immer mehr Mittel, Menschen wie Geld, 
liefert, um die erworbenen Lande zu verteidigen und neue hinzu- 
zugeminnen. Um die Machtmittel zil steigern und über sie un¬ 
mittelbar verfügen zu können, wurde die Verwaltung zentralisiert 
und der Absolutismus durchgeführt. Die widerstrebenden territorialen 
Gewalten, die Stände, wurden von Friedrich Wilhelm I. völlig 
und für immer unter die Königsgewalt gebeugt, und Friedrich d. Gr. 
ließ sie nicht wieder aufkomnlen. Aber beide gingen lücht grund¬ 
sätzlich auf die Herstellung des Einheitstaates aus, sie taten nur 
das Notwendige. So kam es, daß einerseits Heerwesen und Ver¬ 
waltung viel rascher entwickelt und zentralisiert wurden als das 
Gerichts- und Schulwesen und daß bei der Pflege der Landeskultur, 
der Gewerbe und des Handels der finanzielle und fiskalische Ge¬ 
sichtspunkt durchaus vorherrschte. Anderseits blieben aber von 
dem alten Feudalstaat viele Einrichtungen unangetastet, sofern sie 
nicht politische, sondern nur soziale Bedeutung hatten, und in wirt¬ 
schaftlicher Hinsicht blieb man zwischen den Zuständen des terri¬ 
torialen und ftadtwirtschaftlichen und der Neubildung großstaatlicher 
Wirtschaft stecken. Mit Friedrich Wilhelms Siege über die Stände 
und ihre politischen Ansprüche endete auch der Angriff auf sie. 
Friedrich der Gr. dachte nicht daran, ihnen irgendwelche politischen 
Rechte, wie viele hofften, zurückzugeben, aber er suchte mehr noch 
als sein Vater den Adel dadurch zu versöhnen, daß er ihn in den 
Kriegs- und Staatsdienst zog und fest an die Krone schloß. 
Daß ihm dies so viel besser gelang, war nicht so sehr die Folge 
des besseren Tones, den er anschlug, als des Ruhmes und Glanzes 
seiner Kriegstaten und des stolzen Selbstbewußtseins, durch das 
jeder seiner Offiziere und Beamten sich erhöht fühlte. Was bisher 
nur für eine Ehre gellen sollte, das war jetzt eine Ehre. Der 
militärische Zug, der in die ganze Verwaltung gedrängt war, blieb 
nun von selbst. Um des Adels willen mußte die Gutswirtschaft 
erhalten werden und um ihret- und um des militärischen 
Kantonsystems willen mußte der Bauer an die Scholle gebunden
	        
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