Full text: [Theil 2, [Schülerbd.]] (Theil 2, [Schülerband])

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verschlossenen Augen, um zu ruhen; die sorgsame Hausfrau, da sie 
hereintrat und mein Gesicht in so gelblichgrauer Färbung erblickte, 
erschrak nicht wenig, denn sie meinte das Angesicht eines Todten 
zu sehen; der Reis, den wir, da sich endlich gegen Abend an ein 
Anzünden des Feuers und an eine Zubereitung des Abendessens 
denken ließ, genossen, war so versandet und vom Staube braun 
gefärbt, daß wir ihn gerne, ohne ihn im Munde zu prüfen, ganz 
verschluckten. 
Nach Sonnenuntergang legte sich der Sturm, und der Mond, 
der heute fast voll war, schien durch den gelichteten Nebel in das 
Gebüsch der Tamarisken herein; mit uns zugleich giengen mehrere 
Käfer aus ihren Schlupfwinkeln hervor und geriethen hierdurch 
in die Gewalt des Menschen, welche überall, wie ein Haupt der 
Gorgona, den Augenblick des gegenwärtigen Erscheinens erstarren 
machet und festhält. 
Am Morgen des neunzehnten März erwachten wir bei guter 
Zeit aus einem ruhigen, sehr erquicklichen Schlafe. Unsre Be¬ 
duinen hatten uns schon gestern gesagt, daß heute vielleicht ein 
Regen kommen würde, und daß dieses zu wünschen sei, weil, wenn 
dies nicht geschehe, der Sandsturm mit seiner Trübung des Him¬ 
mels mehrere Tage dauere. Die Hoffnung des Besseren gieng in 
Erfüllung, denn der Himmel zeigte sich von Regengewölk getrübt; 
die Luft war gekühlt und überaus angenehm zmn Athmen. Es 
war heute der Tag des Herrn und noch überdies Palmsonntag; 
uns erquickte als ein Manna der Wüste das schöne Sonntagslied: 
«Allein Gott in der Höh sei Ehr' und der herrliche ambrosianische 
Lobgesang. 
81. 
Die Karawane -es Meeres. 
Von Schloenbach. 
Colshorn: Des Mägdl. Dichterw. 2. Ausl. S. 443. — Vergi. Weltseele. Leipzig 1855. S. 154L 
<§ie kommt! sie kommt in furchtbarer Pracht, 
Die Eiskarawane der Wogen, 
Und weit ihr voraus, in erstarrender Macht, 
Kommt ein eisiger Sturm geflogen. 
DaS ist der schreckliche, mächtige Duft, 
Den die Rosen des Nordens spenden, 
Der vampyrartig trinket die Luft 
Und das warme Blut aus den Händen. 
Und nun am Himmel ein weißer Glanz, 
Draus zackige Spitzen tauchen, 
Nun Berge und Berge, zu riesigem Kranz, 
Die wie Wolken wogen und rauchen.
	        
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