hell darin, aber alles ist blitzblank und sauber, nichts liegt umher,
überall ist Ordnung; und so sieht das Zimmerchen recht behaglich
aus. Wenn aber das freundliche Gesicht der alten Waschfrau in
der Stube umherschaut, dann ist es, als ob in jeden Winkel der
Sonnenschein leuchte. Und so glücklich sieht das alte, runzlige, gute
Gesicht immer aus, wenn die alte Großmutter an ihre Enkelin Berta
denkt, die sie zu sich genommen hat, als die Eltern des Kindes plötzlich
starben. Nun ist Berta schon zehn Jahre bei der Großmutter. Das
Kind ist ihr Glück, und wenn sie daran denkt, dann ist die Welt,
der dunkle Hof und die noch dunklere Kellerwohnung voll Sonnen¬
schein.
2. Heute nun sitzt die alte Großmutter gemütlich in ihrem
Sorgenstuhl unter dem Kellerfenster, aber allein, denn die Enkelin
ist nicht bei ihr. Und dennoch strahlt das Gesicht vor Freude. Bor
ihr liegen zwei Briefe. Die Enkelin ist von guten Leuten in die
Ferienkolonie geschickt worden, damit sie sich dort erholen soll, und
nun hat das Kind der Großmutter schon zwei Briefe geschrieben
und alles erzählt, was es erlebt hat. Will sich nun die alte Frau
eine recht glückliche Stunde machen, so nimmt sie die zwei Briefe
zur Hand und liest sie. Und das will sie jetzt, am Sonntag nach¬
mittag, wieder tun. Und was steht in den Briefen? Hört zu!
Der erste Brief.
Swinemünde, Seestraße 5, den 12. Juli 1905.
Liebe Großmutter!
Ich muß Dir doch gleich schreiben, wo ich hingekommen bin,
seit ich von Dir fort bin. Hast Du Angst nach mir? Brauchst keine
zu haben. Ich bin sehr fröhlich, denn mir geht's sehr gut. Hab aber
immer gedacht, wenn Du nur hier wärst, beim Kaffeetrinken, beim
Essen und Spazierengehen; o, wir haben es gar fein! Dann wäre
es noch schöner.
Nun will ich Dir aber alles erzählen, was ich bis jetzt erlebt
habe. Wir sind fünf Stunden lang mit der Eisenbahn gefahren,
und die Zeit ist uns gar nicht lang geworden. Wir haben gesungen
und unser Frühstück gegessen und haben zum Fenster hinausgesehen.
Unser Zug fuhr schnell durch die Felder und Wiesen, durch die
Dörfer und Wälder — hui! waren alle vorüber, und immer waren
neue da. Auch durch Städte und über breite Wasser sind wir