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geb er, alles nach arabischer Weise. Aus dem edelsten Stamme in Arabien,
dem Bewahrer der reinsten Mundart und des alten Nationalheiligtums,
der Kaaba, war Mohammed entsprossen, ein Knabe von schöner Bildung,
nicht reich, aber im Hause eines angesehenen Mannes erzogen. Schon in
seiner Jugend genoß er die Ehre. im Namen der ganzen Nation den heiligen
schwarzen Stein wieder an seine Stelle zu legen; er kam in Umstände,
die ihm bei seinen Handelsreisen eine frühe Kenntnis anderer Völker und
Religionen, nachher auch ein anständiges Vermögen verschafften. Lob¬
sprüche, die man ihm als einem außerordentlichen Jünglinge erteilt
hatte, die Würde seines Stammes und Geschlechtes, sein eigenes frühes
Geschäft bei der Kaaba selbst hatten sich ihm ohne Zweifel in die Seele
gegraben; die Eindrücke, die er vom Zustande der Christenheit empfangen
hatte, fügten sich dazu; der Berg Sinai, gekrönt mit hundert Sagen aus
der alten Geschichte, stand vor ihm; der Glaube an eine göttliche Be¬
geisterung und Sendung war allen diesen Religionen gemein, der Denkart
seines Volkes einheimisch, seinem eigenen Charakter schmeichelhaft. Wahr¬
scheinlich wirkte dies alles während der fünfzehn Jahre, in welchen er
ein beschauliches Leben führte, so tief auf seine Seele, daß er sich, den
Koreischiten, sich, den ausgezeichneten Mann, erwählt glaubte, die Religion
seiner Väter in Lehren und Pflichten wiederherzustellen und sich als einen
Knecht Gottes zu offenbaren. Nicht etwa nur der Traum seiner himm¬
lischen Reise, sein Leben und der Koran selbst zeigen, wie glühend jene
Phantasie gewesen und daß es zum Wahne seines Prophetenberufs
keines künstlichen, abgeredeten Betruges bedurft habe. Nicht als ein auf¬
brausender Jüngling trat Mohammed auf, sondern im vierzigsten Jahre
seines Alters, zuerst als Prophet seines Hauses, der sich nur wenigen
offenbarte, in drei Jahren kaum sechs Anhänger gewann, und als er
bei jenem berühmten Gastmahl Alis vierzig Männern seines Stammes
seinen Beruf kundtat, fortan freilich auch alles übernahm, was Wider¬
spruch der Ungläubigen gegen einen Propheten mit sich führt. Mit
Recht zählen seine Anhänger ihre Jahre von seiner Flucht nach Datreb
(Medina); in Mekka wäre entweder sein Entwurf oder er selbst ver¬
nichtet worden.
Wenn also der Haß gegen Greuel des Götzendienstes, die er in
seinem Stamme sah und auch im Christentum zu finden glaubte, nebst
einer hohen Begeisterung für die Lehre von einem Gott und die Weise,
ihm durch Reinigkeit, Andacht und Guttütigkeit zu dienen, der Grund
seines Prophetenberufes zu sein scheinen: so waren verderbte Traditionen
des Juden- und Christentums, die poetische Denkart seiner Nation, die
Mundart seines Stammes und seine persönlichen Gaben gleichsam die
Fittiche, die ihn über und außer sich selbst forttrugen. Sein Koran, dies
sonderbare Gemisch von Dichtkunst, Beredsamkeit, Unwissenheit, Klugheit
und Anmaßung, ist ein Spiegel seiner Seele, der seine Gaben und