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Ergönzmrgsheft fftr Sexta Ns Quart«.
Der Marschall lächelte kaum merklich zu der Frage und sagte:
„Daß ich zufasse, wenn die Gelegenheit günstig ist, wissen Sie ja. Aber
wir werden unsere Truppen nur dann einsetzen, wenn der Erfolg die
Opfer lohnt."
Die Rede kam auf die Schlacht bei Tannenberg und die einem
Laien fast unbegreifliche Kühnheit, Rennenkampf bei Gumbinnen einfach
stehen zu lassen und die ihm entgegenstehenden Truppen nach den Seen
herunterzuziehen.
„Die Aufklärung der Russen war eben ungenügend," sagte der
Marschall, „Rennenkampf glaubte, unsere Truppen würden sich vor
Königsberg versammeln und die Narewarmee von Süden heraufkommen,
um sich mit ihm zu vereinigen. Das Gefühl der Verantwortung war
nicht leicht damals. Ich erinnere mich noch der Massen ostpreußischer
Flüchtlinge, die rechts und links der Straße lagerten, weil die Straßen
für Truppentransporte freigemacht werden mußten. Ich sagte mir, daß
alle diese Leute unrettbar verloren waren, wenn mein Plan mißlang.
Es gab gar keine Möglichkeit, sie zu bergen." Ich fragte, ob neben
der gewaltigen geistigen Anspannung diese Last auf dem Gemüt denn er¬
träglich wäre. »Man faßt die Aufgabe eben als Pflicht auf," entgegnete
der Feldmarschall, „und dann, wenn ich mich so ausdrücken darf, wie
eine Studie, als Lösung einer wissenschaftlichen Aufgabe. Man ist
gespannt darauf: Kann der's besser, oder ich? And mit der Lösung
dieser Aufgabe ist man so ausgefüllt, daß daneben nichts anderes Platz
hat. Erst, wenn die Sache vorbei ist, kommt es einem wieder zum Be¬
wußtsein, wie schwer die Verantwortung war." Ich erlaubte mir zu
bemerken, daß immerhin eine ungewöhnliche Ruhe und vorzügliche Nerven
dazu gehörten. Worauf der Feldmarschall einfach erwiderte: „Ja, auf¬
geregte Leute kann man an solcher Stelle nicht brauchen."
Es gehört freilich keine große Menschenkenntnis dazu, um selbst
nach einem kurzen Zusammensein mit diesem Manne zu wissen, daß
eine Lebenslage, die ihm seine Ruhe rauben könnte, einfach undenk¬
bar ist.
Als er unS zum Abschied sagte: „Durchhalten wollen wir! Viel¬
mehr, nicht durchhallen allein, sondern gründlich siegen ...", da wußte
ich, daß der so sprach, ein Recht dazu hatte, weil sein Kopf und Lerz
stark genug sind, diese Mahnung wahr zu machen. And ich fühlte in
meinem eigenen Lerzen das Gefühl des Dankes aufquellen, daß der
Limmel uns Deutschen wieder einmal in schwerster Zeit die Männer
geschenkt hat, die uns aus dem Dunkel der Not ins Licht hoffnungs¬
voller und frischer Taten hinausführen. Gcor--- sötut
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