Heldensagen Sigurd und die Nistungen. Von Odins Blut stammte Wölsung, der Ahn eines hochberühmten Heldengeschlechts. Sein Sohn war Sigmund. Von diesem sangen die Skalden die herrlichsten Lieder. Einst saßen in Wölsungs Halle die Helden bei festlichem Gelage, denn der König gab seine Tochter einem mächtigen Fürsten zur Frau. Mitten im Saale ragte eine uralte Eiche empor und streckte ihre Äste über das Dach hinaus. Da trat plötzlich ein alter Mann in den Saal, von gewaltiger Gestalt, den niemand kannte. Ein langer, grauer Bart stoß ihm auf die Brust, tief in die Stirn gedrückt beschattete ein Schlapphur sein Gesicht, ein fleckiger Mantel umschlug seine Schultern. Er zog fein Schwert und stieß es in den Eichstamm, daß es bis ans Heft hineinfuhr. Niemand wagte ihn anzureden, er aber sprach: „Wer dies Schwert aus dem Stamme zieht, dem sei es zu eigen: kein besseres giebt es auf Erden." Damit verschwand er ebenso Plötzlich, wie er ge¬ kommen. Der Reihe nach versuchten alle Helden ihre Kraft an dem Schwerte, doch keinem gelang es, die Waffe zu lockern. Als aber Sig¬ mund herantrat, fiel ihm das Schwert so leicht in die Hand, als ob er es aus der Scheide zöge. Odin selbst war es gewesen, der seinem Lieblinge die herrliche Waffe brachte. Mit ihr gewann Sigmund den höchsten Heldenruhm. Als sich sein Lebeu zum Abend neigte, gedachte er noch einmal zu freien um eine schöne Jungfrau, Hiördis, König Eilimis Tochter. Gleichzeitig mit ihm trat König Lyngwi, Hundings Sohn, als Be- werber auf. Die Jungfrau aber wählte Sigmund, wenn er auch weit älter war als Lyngwi; denn er war der ruhmreichere. Sigmund führte Hiördis heim. Unterdes aber sann der verschmähte Lyngwi ans Rache: er sammelte ein gewaltiges Heer und zog gen Hunaland, dem Reiche Sigmunds. Als der furchtlose Held das Nahen seines Feindes erfuhr,