294 nach dem Schuhzeug der Vorübergehenden, namentlich der Fremden. Seher: sie ein Paar beschmutzter oder bestaubter Stiefel, so erheben sie ihre Stimmen und schlagen mit dem Rücken einer Bürste heftig etlichemal auf ein vor ihnen stehendes, durch Messingverschlag ver¬ ziertes Holzkästchen, um dadurch die Aufmerksamkeit zu erregen. Es sind Stiefelwichser, Meister in ihrem Fach, die mit unglaublicher Gewandtheit dem bestaubten Schuhzeug wieder Glanz und Ansehen zu verleihen wissen. Nahe dabei haben einige Rasierer ihren Stand und scheren den auf kleinen Stühlen sich niederlassenden Türken Bart und Haupthaar. Auch Dienstmänner stehen in der Nähe und lauern auf Fremde; Dolmetscher geringerer Güte bilden wieder eine andere Gruppe. Zwischen den auf der Straße wandelnden echt morgenländischen Gestalten tritt allmählich immer stärker das Abendländische auf. Die Geschästsstunde naht, und zahlreiche Kaufleute eilen ihren Geschäfts¬ räumen und Warenlagern zu. Es sind unter ihnen nur wenige Türken, die sich überhaupt ungern mit dem Handel befassen; Juden, Armenier und Griechen walten vor. Alle sind geriebene Geschäftsleute, besonders aber die Armenier und Griechen, von denen die letzteren zumeist den Großhandel und oft bedeutende Vermögen in Händen haben. Die Mittagsstunden nahen indessen, und das Getriebe erreicht seinen Höhe¬ punkt. Ein wahres Gewimmel von bunten Trachten drängt sich am Auge vorüber. Hier geht ein Trupp von Türken, vermutlich aus Asien. Sie tragen lange, farbenreiche Kaftane, weiße Pluderhosen und große Turbane. Daneben schreitet würdevoll ein Priester in weißer Gewandung einher. Derwische mischen sich darunter. Soldaten, Offiziere in hübschen, sauberen Uniformen, Matrosen aller Nationen sieht man beständig; eine große Zahl von Mulatten und Negern macht sich bemerkbar. Auch Türkinnen sind zahlreich unter den vorbeigehenden Leuten vertreten. Die bessergestellten tragen lange seidene, domino¬ artige Gewänder mit schillernden Farbentönen. Die Füße stecken in Sandalen, Stiefeln oder Pantöffelchen. Das Gesicht ist tief verschleiert; um die Stirn herum geht ein breiter Streifen wie bei unseren Nonnen; von untenher deckt ein Tuch das Antlitz über den Mund bis herauf zur Nase. Somit bleibt wenig frei; das wenig Sichtbare aber schützt obendrein noch ein bei jeglichem Wetter aufgespanntes, grellfarbiges Sonnenschirmchen. Jetzt fesselt ein türkischer Priester unsern Blick. Derselbe hat ein würdiges Aussehen. Er trägt einen langen, schönen Vollbart; über seinem dunkelgelben Leibrock hängt ein hellgelber Talar; schwefelgelbe Pantoffeln, weiße Strümpfe und ein blendendweißer Turban, in dessen Mitte noch ein kleiner, roter Fez liegt, vollenden seinen prächtigen Anzug. Andere tragen um den Turban noch ein grünes Tuch; es ist dies ein Zeichen, daß sie die heilige Fahrt nach