85 Strecke dich nach der Decke! Unkraut vergeht nicht. Von einem Streiche fällt keine Eiche. Wer sich in Gefahr begiebt, kommt darin um. Zwischen heut und morgen ist eine lange Frist. 61. Altes Gold. „Kommt Zeit, kommt Rat,“ sagen mit dem Sprichwort die Leute, die sich nicht gern mit vielen Gedanken plagen und ge¬ wöhnt sind, alles auf die leichte Achsel zu nehmen; dann geht’s wohl so, dass die Zeit kommt und kein Rat da ist, und dann ist’s schlimm. Ich halt’s mit dem Worte auch, wenn einer sich abquält und ängstigt wegen dessen, was alles noch kommen könnte. Ich mein’s aber anders. Ich denke bei dem Worte: „Kommt Zeit, kommt Rat,“ an den, der immer den rechten und besten Rat hat, nämlich an den lieben Gott. Was aber mich betrifft, so denke ich gern bei Zeiten an das, was geschehen muss von meiner Seite, lege mir’s fein zurecht und bedenk’s. Kommt dann die Zeit, so ist mein Rat fertig, und der liebe Gott leitet’s dann nach seinem Willen, und ich habe das Meine gethan. Wo ich aber keinen Rat finden kann, da bitte ich den besten Rater, mir einen guten in die Seele zu geben, und dabei hab’ ich mich all mein Lebtag gar wohl' befunden. Wilhelm Örtel (W. 0. von Horn). 62. Rätsel. 1. Auf einer großen Weide gehen Viel tausend Schafe silberweiß; Wie wir sie heute wandeln sehen, Sah sie der allerältste Greis. 2. Sie altern nie und trinken Leben Aus einem unerschöpften Born, Ein Hirt ist ihnen zugegeben Mit schön gebognem Silberhorn. 3. Er treibt sie aus zu goldnen Thoren, Er überzählt sie jede Nacht Und hat der Lämmer keins verloren, So oft er auch den Weg vollbracht.