313 Zwar falsche Räuber haben Die wohlerworbnen Gaben, Doch bin ich mir des Ruhms bewußt/ Dann spricht ervon den Wunderdingen, Daß Periander staunend horcht. „Soll jenen solch ein Raub gelingen? Ich hätt' umsonst die Macht geborgt? Die Thäter zu entdecken. Mußt du dich hier verstecken, So nah'n sie wohl sich unbesorgt/ Und als im Hafen Schiffer kommen, Bescheidet er sie zu sich her. „Habt vom Arion ihr vernommen? Mich kümmert seine Wiederkehr/ — „„Wir ließen recht im Glücke Ihn zu Tarent zurück-e/ * Da, siehe! tritt Arion her. Gehüllt sind seine schöben Glieder In Gold und Purpur wunderbar. Bis auf die Sohlen wallt hernieder Ein leichter faltiger Talar; Die Arme zieren Spangen, Um Hals und Stirn und Wangen Fliegt duftend das bekränzte Haar. Die Zither ruht in seiner Linken, Die Rechte hält das Elfenbein. Sie müßen ihm zu Füßen sinken, Es trifft sie, wie des Blitzes Schein. „Ihn wollten wir ermorden — Er ist zum Gotte worden! O, fchläng' uns nur die Erd' hinein!" „„Er lebet noch, der Töne Meister, Der Sänger steht in heil'ger Hut. Ich rufe nicht der Rache Geister, Arion will nicht euer Blut. Fern mögt ihr zu Barbaren, Des Geizes Knechte, fahren; Nie labe Schönes euren Muth!"' Aug. Wilh. v. Schlegel. 403. Leonardo da Vinci*). Florentiner! Florentiner! Was muß euren Sinn verkehren. Daß ihr eure großen Männer Fremden überlaßt zu ehren? Dante, welcher göttlich heißet, Klagt, daß ihn sein Land verstoße.- Sein verbannter Leib ruht ferne Bon der zarten Mutter Schooße. Und der alte Leonardo Weilte bei euch halb vergeffen, Der an euren Kriegesthaten Jung des Pinsels Kraft gemessen. Zwar ein Stern, der hoch und herrlich An der Künste Himmel funkelt, Michel Angel Buonarotti, Hatte seinen Ruhm verdunkelt. Dieser strebt in wildem Trotze, Die Natur zu unterjochen; Jener bildet, sinnig forschend, Was sie leis' ihm ausgesprochen. Nicht den Stolzen duldend, muß er Noch zu fremdem Volk und andern Menschen, aus Florenz der schönen. Ein bejahrter Pilger, wandern. Ritter Franz, der edle König, .Rief den weisesten der Maler, Gab ihn: Raum, nach Lust zu schaffen; Hoch zu ehren ihn, befahl er. Zur Vollbringung der Entwürfe Scheint ihn neuer Muth zu stärken; Aber bald hört man ihn klagen Ueber angefang'nen Werken: „Sieh, mein Leben ist am Ziele, Und die Kunst noch kaum begonnen, Haben gleich mir gute Parzen Lang den Faden ausgespsnnen. „Weit in unentdeckten Fernen Breiten Klarheit die Gedanken; Doch das Nächste zu vollenden. Fühl' ich meine Hand erkranken/ Und er mußte wider Willen Hin sich strecken auf das Lager; Würdig schön in siechem Alter, Weiß von Bart und still und hager. Als der König das vernommen. Füllt es ihn mit bangen Schmerzen; Denn er hielt ihn wie ein Kleinod Seinem Reich und seinem Herzen. *) Leonardo, Maler, Bildhauer und Architekt, geb. 1452 zu Vinci bei Florenz, gest. 1519 zu St. Cloud in Frankreich. — Michel Angela, geb. im Florentinischen 1474.