215 Es sprachs der Held, von Mitleid weich; Da — horch! Welch eiliger Tritt? „Noch einmal, Fernando, so trüb und bleich? Was bringt dein bebender Schritt? 9. „Ach, edler Feldherr, es ist geschehn! Jetzt hebt sich der östliche Strahl!" „Sei ruhig, mein Lieber! Von himm¬ lischen Höhn Entwand sich der leuchtende Strahl. Es waltet die Allmacht von Pol zu Pol; Mir lenkt sie zum Tode die Bahn." „Lebt wohl denn, mein Feldherr, lebt ewig wohl! Ich höre die Schrecklichen nahn." 10. Und eh noch dem Ritter das Wort entflohn, Da drängte die Menge sich nach; Da stürmten die Krieger, die wüten¬ den, schon Gleich Wogen ins stille Gemach. „Ich weiß, was ihr fordert, und bin bereit; Ja, werft mich ins schäumende Meer, Doch wisset, das rettende Ziel ist nicht weit! Gott schütze dich, irrendes Heer!" 11. Dumpf klirrten die Schwerter, ein wüstes Geschrei Erfüllte mit Grausen die Luft; Der Edle bereitet' sich still und frei Zum Weg in die flutende Gruft. Zerrissen war jedes geheiligte Band; Schon sah sich zum schwindelnden Rand Der treffliche Führer gerissen, und — „Land! Land!" rief es und donnert' es, „Land!!" 12. Ein glänzender Streifen, mit Purpur gemalt, Erschien dem beflügelten Blick; Vom Golde der steigenden Sonne bestrahlt Erhob sich das winkende Glück, Was kaum noch geahnet der zagende Sinn, Was mutvoll der Große gedacht. Sie stürzten zu Füßen des Herrlichen hin Und priesen die göttliche Macht. Luise Brachmann. 70. Prinz Eugen. 1. Prinz Eugen, der edle Ritter, Wollt dem Kaiser wiedrum kriegen Stadt und Festung Belgerad. Er ließ schlagen einen Brucken Daß man kunnt hinüberrucken Mit d'r Armee wohl für die Stadt 2. Als der Brucken war geschlagen, Daß man kunnt mit Stück und Wagen Frei passiern den Tonaufluß, Bei Semlin schlug man das Lager, Alle Türken zu verjagen, Jhn'n zum Spott und zum Ver¬ druß. 3. Am einundzwanzigsten August soeben Kam ein Spion bei Sturm und Regen, Schwurs dem Prinz'n und zeigts ihm Daß die Türken futragieren, sän, So viel als man kunnt verspüren, An die dreimalhunderttausendMann. 4. Als Prinz Eugenius dies ver¬ nommen, Ließ er gleich zusammenkommen Sein' General' und Feldmarschall'; Er tät sie recht instruieren, Wie man sollt die Truppen führen Und den Feind recht greifen an.