18 I. Märchen. ich habe Ruhe in meinem Grab." Da befahl die Mutter dem lieben Gott ihr Leid und ertrug es still und geduldig, und das Kind kam nicht wieder, sondern schlief in seinem unterirdischen Bettchen8). Brüder Grimm. 7. Doktor Allwissend. Es war einmal ein armer Bauer, namens Krebs, der fuhr mit zwei Ochsen ein FuderHolz in die Stadt und verkaufte es für zwei Thaler an einen Doktor. Wie ihm nun das Geld ausbezahlt wurde, saß der Doktor gerade zu Tisch. Da sah der Bauer, was2) er schön aß und trank, und das Herz gieng ihm darnach auf8), und er wär' auch gern ein Doktor- gewesen. Also blieb er noch ein Weilchen stehen und fragte endlich, ob er nicht auch könnte ein Doktor werden. „O ja," sagte der Doktor, „das ist bald geschehen. Erstlich kauf dir ein Abcbuch, so ist eins, wo*) vorne ein Göckelhahn8) drin ist; zweitens mache deinen Wagen und deine zwei Ochsen zu Geld8) und schaffe dir damit Kleider an, und was sonst zur Doktorei gehört; drittens laß dir ein Schild?) malen mit den Worten: Ich bin der Doktor Allwissend, und laß das oben über deine Hausthür nageln." Der Bauer that alles, was ihm geheißen war. Als er nun ein wenig gedoktert hatte, aber noch nicht viel, ward einem reichen großen Herrn Geld gestohlen. Da ward ihm von dem Doktor Allwissend gesagt, der in dem und dem8) Dorfe wohnte und auch wissen müßte, wo das Geld hingekommen wäre. Also ließ der Herr seinen Wagen anspannen, fuhr hinaus ins Dorf und fragte bei ihm an, ob er der Doktor Allwissend wäre. „Ja, der wär' er." So sollte er mitgehen und das gestohlene Geld wieder schaffen. „O ja, aber die Grethe, seine Frau, müßte auch mit." Der Herr war das zufrieden, ließ sie beide in den Wagen sitzen, und sie fuhren zusammen fort. Als sie auf den adligen Hof kamen, war der Tisch ge¬ deckt, da sollte er erst mitessen. „Ja, aber seine Frau, die Grethe, auch," sagte er und setzte sich mit ihr hinter den Tisch. Wie nun der erste Be¬ diente mit einer Schüssel schönem Essen2) kam, stieß der Bauer seine Frau an und sagte: „Grethe, das war der erste," und meinte, es wäre der¬ jenige, welcher das erste Essen brächte. Der Bediente aber meinte, er hätte damit sagen wollen: „Das ist der erste Dieb," und weil er's nun wirklich war, ward ihm angst, und er sagte draußen zu seinen Kameraden: „Der Doktor weiß alles, wir kommen übel an, er hat gesagt, ich wäre der erste." Der zweite wollte gar nicht herein, er mußte aber doch. Wie er nun mit der Schüssel hereinkam, stieß der Bauer seine Frau an: „Grethe, das ist der zweite." Dem Bedienten ward ebenfalls angst, und er machte, -daß er hinaus kam. Dem dritten gieng's nicht besser, der Bauer sagte wieder: „ Grethe, das ist der dritte." Der vierte mußte eine verdeckte Schüssel hereintragen, und der Herr sprach zum Doktor, er solle seine Kunst zeigen und raten, was darunter läge; es waren aber Krebse. Der