Falkmann: Ein Blumengarten im Frühling. Stahl: Der Wald rc. 171 Stimmung in herzlicher, gemütvoller Weise aus. Der Baum ist ihm der wundermilde, gesegnete Wirt, der den Hungrigen und Durstigen labt. 104. Ein Blumengarten im Frühling. Von Christian Ferdinand Falkmann. StilistischesElementarbuch. Hannover, 1825. Beim Eintritt in den Garten empfängt dich sogleich ein wunder¬ lieblicher Duft. Du blickst empor und nimmst zwei Apfelbäume wahr, die ihre blütenbeladenen Zweige über deinem Haupt durch einander ge¬ flochten haben. In dem Rosenrot und Schneeweiß der Blumen baden sich, mit Fruchtstaube bestreut, unzählige Bienen und Hummeln. Der Garten selbst prangt zwar noch nicht in der Fülle und dem Glanze, welchen die nächsten Monate ihm verleihen werden; manche leere Stelle zeigt noch trocknes, fahles Erdreich; aber doch hat sich manches von Floras schönsten Kindern schon eingestellt, und einige Blumengeschlechter erscheinen das ganze Jahr nicht wieder so schön. An jeder Ecke dieser beiden Rabatten hängt auf dem starken, dunkeln, aus einer Blätter¬ pyramide hervorgehenden Stengel die rotglühende Kaiserkrone, aus Blütenglocken gebildet, hoch über dem Boden; aus ihrer Mitte ent¬ sprießt noch ein grüner Blätterschopf. Sie muß aber an Duft den Narzissen weichen, die sich neben ihr aus der trocknen bräunlichen Scheide, milchweißen Sternen gleich, entfalten, an Farbe den Tulpen, deren reiches Beet hier in allen Tinten des Regenbogens schimmert. Und in beidem zugleich wird sie überwunden von der königlichen Hyacinthe hier, deren schneeweiße, porzellanblaue und fleischrote Glocken, bald mehr bald weniger gefüllt, sich um kürzere oder längere Stengel reihen, und von der stillstolzen Aurikel dort, die ihr Schwefelgelb, ihr Veilchenfarb, ihr Rötlichbraun, mit zartem Reife überpudert, der Früh¬ lingssonne erschließt. 105. Der Wald im Herbste. Von Heinrich Stahl. Naturschilderungen. Darmstadt, 1855. O du schönes Waldleben zur Zeit des reichen Frühlings und heißen Sommers! Schade, daß du so schnell ein Ende nehmen mußt! Bald unterbrechen recht finstere Tage die fröhliche Waldlust; eine schwere, trübe, dunstige Luft hängt über den Bäumen; traurig senken sich die grünen Blättchen, und klagende Töne irren hin und her. Der Herbst klopft mit stürmischer Hand an die Pforte des Waldes, und seine rauhen Winde verjagen die sanften Sommerlüfte, streifen das frische Grün von den Blättern und lösen eines nach dem andern von den schlanken Zweigen, daß sie klagend und rauschend, mit dem sterbenden Rot ge¬ schmückt, dahin flattern und verwehen im weiten, leeren Raume. Die Sänger des Waldes schicken sich an zu ihren Reisen nach fernen Ländern. „Kommt mit uns!" rufen sie den Blumen zu, „was wollt ihr noch länger weilen in dem öden Wald?" Und da verläßt ein Blumenelfchen nach dem andern sein buntes Häuschen, das der Herbstwind rüttelt,