Geisterschlösser. — Des armen Steffe-Martes Schillerfeier. 25 sich fromm und dachte: „Ist denn ein Feiertag heute?" und bog in die Erbprinzenstraße ein und ries frischen Mutes sein: „Käset Se a Kienholz!" Das Glück war aber dem Bäuerlein nicht günstig, denn die Karlsruher hatten heute wichtigere Dinge zu tun als Kienholz zu kaufen oder einem armen, müden und hungrigen Menschen eine warme Suppe zu schenken; nicht aus Hartherzigkeit, sondern weil sie einmal heute durchaus keine Zeit hatten, wohltätig zu sein, und den Kops und das Herz so voll von Schillerfeier, Fahnen, Musik und lebenden Bildern, daß nichts anderes mehr Raum darin fand. So war unser armer Freund von Straße zu Straße und von Haus zu Haus ge¬ wandert, mit seiner schweren Bürde aus dem Rücken und seinem noch schwereren Herzen, und überall hieß es: „Wir brauchen heute kein Kienholz, guter Mann, kommt die nächste Woche wieder oder in vierzehn Tagen." Inzwischen war es Mittag geworden, und der arme Bauer schleppte sich schüchtern durch die Menschenmenge, die auf dein Marktplatze wogte, ries noch einmal: „Käset Se a Kienholz!" und dann konnte er nimmer weiter. Der weite Weg, die schwere Last aus dem Rücken, der Kunnner im Herzell und ein Hunger, der stärker war als alles andere zusammengenommen, es war zuviel, die Knie brachen unter ihm, uub so ließ er dem: sein Bündel aus das Pflaster fallen, setzte sich daraus, legte fein Gesicht in beide Hände, und durch seine rauhen Finger tropften heiße Tränen aus die Pflastersteine. Es war ein recht schweres Herz unter den tausend leichteil und fröhlichen Herzell auf dem großen Platze. Jetzt richtete er den Kops wieder enrpor, unb siehe, durch strömende Tränen traf fein Auge die auf hoher, blumenbekränzter Säule t£)ronenbe Büste Schillers, und der Dichter da droben schien so mild und freund¬ lich und so lnitleidsvoll auf den armen Bauern herabzuschauen, daß es diesem wie Trost und Hoffnuilg das Herz bewegte. Er dachte an den Choral von heute morgen und daß heute ein Feiertag sein müsse, und unwillkürlich falteten sich seine Hällde, wie betend bewegten sich seine Lippen, und alidachtsvoll hillgen seine Blicke an dem milden Antlitze des großen Dichters. Unser kummervolles Bäuerlein war der einzige Mensch auf dem großen, weiten, menschengefüllten Platze, der keine Ahnung davon hatte, was die Büste da oben auf der Säule und was die wehenden Fahnen ringsum zu bedeuten hatten; aber unter der ganzen zahllosen Menge war gewiß keiner, der mit tieferem Ge¬ fühle und ehrfurchtsvollerer Andacht zu der Schillerbüste emporblickte. Niemand unter der wogenden Menschenmenge beachtete die arme, auf dem Pflaster kauernde Gestalt; höchstens brummte Ulan über den