96 und durch den Stolz seines Betragens gereizt. Als ihm der gesamte Senat, die Konsuln an der Spitze, die Beschlüsse überreichte, welche ihm die glänzendsten Ehrenbezeugungen zuerkannten, empfing er sie auf seinem goldenen Ehrenstuhl sitzend, ohne aufzustehen. Die Leibkohorten, welche ihn während der Kriege begleitet hatten, entließ er zwar, lehnte auch zum Schein den angebotenen Königstitel ab; aber die Volks¬ tribunen, welche diejenigen, die ihn als „König" begrüßten, zur Strafe zogen, entsetzte er ihres Amtes und steigerte dadurch den Un¬ willen um so mehr, als dies Amt nach alten Gesetzen für heilig und unverletzlich galt. Als ihm der Konsul Antonius bei einer Festseier auf öffentlichem Markte ein Diadem aufsetzen wollte, nahm er es zwar nicht an; aber jedermann sah, daß er dabei nur der Stimme des Volkes nachgab, das seinen Unwillen laut zu erkennen gegeben hatte. Wie nun durch solches Benehmen der Unwille und die Er¬ bitterung immer allgemeiner wurden, entspann sich unter den an¬ gesehensten Männern eine Verschwörung, um durch Ermordung des Alleinherrschers die freie Verfassung wiederherzustellen. Unter den¬ selben befanden sich seine vertrautesten Freunde und Männer, die er mit Gnaden und Wohlthaten an sich gefesselt zu haben glaubte. An der Spitze standen Marcus Junius Brutus und Gaius Cassius. Brutus stammte von jenem älteren Brutus, welcher den König Tar- quinius vertrieb. Von sanftem und ernstem Charakter, durch Unter¬ richt und philosophische Grundsätze gebildet, war er für alles Große und Edle empfänglich, durch Lauterkeit des Herzens und Geradheit der Gesinnung ausgezeichnet. Daher schoben selbst die Feinde das Gehässige der That aus Cassius, der ein leidenschaftlicher Mann war, und man sagte, Brutus hasse die Tyrannei, Cassius den Tyrannen selbst. Wie sehr er aus Grundsatz handelte und das öffentliche Wohl dem seiner Familie voranstellte, hatte er beim Ausbruch des Krieges zwischen Cäsar und Pompeius bewiesen. Letzterer hatte ohn- längst des Brutus Vater töten lassen; dennoch trat Brutus auf die Seite des Pompeius, weil er dessen Sache für die gerechte hielt. Nach der Schlacht bei Pharsalus verzieh ihm Cäsar, ehrte ihn ganz besonders und nahm ihn unter seine vertrautesten Freunde auf; ja, es hing nur von ihm ab, der erste unter denselben zu sein und an Cäsars Macht so viel Anteil zu nehmen, als er wollte. Aber die Verschworenen hielten nicht minder auf ihn und glaubten, durch seinen Beitritt werde gewissermaßen die Gerechtigkeit ihrer Sache bestätigt. Seine Freunde, die sich unter denselben befanden, suchten