16 Zarte Blumen öffnen zagend Hier und da ihr enges Haus, Strecken ihre Häupter fragend In die milde Luft hinaus. Da wird lauter Ruf vernommen, Sorgenloser Vögel Chor: Ja, der Frühling ist gekommen, Kommt, ihr Blumen, kommt hervor! Überall erschallt es deutlich: Leben ist vom Tod erwacht! Und die Erde schmückt sich bräutlich, Und der blaue Himmel lacht. Komm, dies Wunder anzusehen, Freu dich, Seele, inniglich! Gott läßt seinen Odem wehen, Und der Frühling kommt für dich! Ph. Spitta. 11. Vom Tode erstanden. Es war ein schwerer, ein schmerzlicker Abschied, und doch voll freudiger Begeisterung und Weihe. Walter verließ Vater und Mutter, deren einzige Freude, deren ganzer Stolz er war, um mit Gott für König und Vaterland, für Haus und Herd in den Krieg zu ziehen, den der Kaiser- Napoleon mit so beispiellosem Muthwillen unserm Volke aufgedrungen hatte. Ja, in den Kampf für Haus und Herd; denn sein Erbsitz lag nicht fern von der Grenze, über die man den Einfall des Feindes er¬ wartete. Neben der Mutter Walters stand ein junges Mädchen, eine hohe, schlanke Erscheinung; es war des davonziehenden Officiers verlobte Braut. Während die Stimme der Mutter, mit der sie ihm Lebewohl sagte, von Thränen erstickt war, stand sie muthig da und schien die Mutter mehr zu stützen, als sie von ihr gestützt ward. „Ach Walter, wir sehen dich niemals wieder!" hatte die Mutter bange ausgerufen. — „Nicht doch, theure Mutter," erwiderte sie; „wir sehen ihn ganz ge¬ wiß wieder. Zieh mit Gott, Walter! Hier wachen und beten treue Her¬ zen für dich." Es war geschehen. Nur zu schnell war Walters hoch zu Roß sitzende Gestalt den Blicken der Zurückbleibenden entschwunden. Ein zweiter Abschied folgte. Am nächsten Tage mußte auch Walters Braut abreisen; zwei Brüder von ihr waren ins Feld gezogen, und ihre Eltern erwarteten sie mit Ungeduld in ihrer Heimat. Wochen waren vergangen. Der Sieg hatte die deutschen Heere von Schlacht zu Schlacht begleitet. Walter war unversehrt geblieben. In