XVI Viel altes Sprachgut freilich ist im Schwinden. So der Oser (Schultasche); auch Plunder (Kleidung); z' Stubete auf Nachmittagsbesuch neben z' Liecht (auf Abendbesuch zu gemeinsamem Spinnen), Wundervitz (Neugier), briegge (weinen), reble (sich abzappeln, ab¬ mühen), 's hurniglet (es regnet, schneit, hagelt durcheinander); sider — 1. „seit" (sider nacht — seit gestern abend), 2. „bis dahin" (sider schloft's), oder „mittlerweile" (siderie); echt — etwa; sölli (— sehr mit dem alten Nebenbegriff des Schmerzlichen, vergl. Versehren). Einige Formen haben sich im lebendigen Gebrauch abgeschliffen oder sonst verändert: n ist vor s und sch ausgefallen: use liebe Herget (unser lieber Herrgott), sust, chasch (kannst); barfis (ähnlich wie Elfis; Hebel hat übrigens Elsas geschrieben im „Abendstern"); gell (gelt) und sell (sels, jenes); bis mer Gottwilche (sei mir Gottwillkommen), z' obe (zu Abend). Grumbire (Grnndbirnen statt Herdöpfel, Erdäpfel = Kartoffeln) ist vielleicht fränkischen Ursprungs. Unverloren aber ist und bleibt dem Alemannen sein gemütvoller Frohsinn, wie er sich in Hebels Gedichten (der Käfer, das Spinnlein) so entzückend offenbart. Alles webt in Leben und Liebe. Die Sonne ist eine tolle (vornehnie, prachtliebende) Frau, die sich des Morgens sorgfältig wäscht und stiehlt (kämmt), und doch: wenn sie mit der Strickete (dem Strick¬ zeug) hinter den Bergen vorkommt, ist sie „güetig und fründli" (gütig und freundlich) gegen das Keimlein, wie eine Mntter nach ihren Kindern schaut; mit einem „Sprützerli" (leichten Sprühregen) schafft sie ihin zu trinken, und nachmals giebt sie ihm ein „Schmützli" (einen Kuß). Wenn es schneit, dann ist am Himmel Markt: mancher Wagen voll Baum¬ wolle (Bauwele) wird ausgeschüttet, und die Käufer laufen mit ihrer Ware davon, als wenn sie sie gestohlen hätten; die Pfähle des Gartenzanns aber (die Scheie) prunken in ihren Schneekäpplein, als wären sie große Herren. Und wie der Dichter selbst seine „Wiese", so begleitet die Mutter das Haberkörnlein auf der Lebensbahn; mit ihrer sinnigen Erzählung würzt sie den Kindern das bescheidene Mahl und knüpft ungesuchte Lehren daran, die in ihrem liebenswürdigen Gewände gerade die höchste Poesie bergen: die vorausschauende Mutter¬ liebe in ihrer fürsorglichen Pflege des Gemüts- und Geisteslebens ihrer Kinder, die sie für den Kampf ums Dasein erzieht.