252 der Luft, daß man das Ende nicht sehen kann. Nur über uns klebt ein Stück blaßblauer Himmel. In den schmutzigen, tiefen Furchen des Ackers liegt noch etwas Schnee von vorgestern, da kann die Sonne ihn nicht bescheinen. Das sind die letzten Flecken von dem großen Bettlaken, das über alles Gras ausgebreitet wurde. Hier gleich der uächste Acker ist ja voll von grünem Gras — wir kennen dieses Gras wohl, es wird sehr lang und gelb, und zwischen seinen Halmen wachsen im Sommer die Kornblumen so blau und der klatschrote Mohn. Wenn nur erst alle Äcker so schön grün aussähen! Aber gleich daneben ein Streifen schmutziger Erde mit dicken Lehmstücken und weißen Schneeflecken. Zwischen beiden Äckern ein langer, schmaler Weg; man mußte schon einen Fuß vor den andern setzen, wenn man ihn gehen wollte. Hier, wo er anfängt, ein Stein, ein schön viereckig, oben rund geklopfter Stein; das ist ein Grenzstein. Es ist auch ein Zeichen darauf, ein schräger Schlüssel mit einem Griff. Diesen Stein darf niemand ausziehen oder mitnehmen oder wegreißen und anderswo wieder eingraben. Der muß genau an dieser Stelle stehen bleiben. Wozu braucht man ihn nur, sieh, da ist schon wieder einer! Aber was ist das, da sind große schwarze Vögel — Raben sind es. Was haben sie denn da nur? Still, daß wir sie nicht aufscheuchen! Wir wollen leise und ganz langsam näher herangehen! O, sie beißen sich. Wie der eine, der aus dem Grenzstein sitzt, wütend ist! Er sperrt den Schnabel auf und macht sich dick am Halse und schlägt mit den Flügeln und mag doch nicht dicht herankommen. Der eine hat da was gefunden, er steht mit beiden Füßen darauf, als wenn er es nicht hergeben will, und — ha, nun springt der dritte in die Luft, als ob er sich auf seinen Kops setzen wollte, die Beine und Krallen ganz krumm und die Federn so kraus, als ob sie halb ausgerissen wären. Ja, wart nur, nun mußt du dem Schreihals schon was abgeben, sonst hackt er mit seinem Schnabel auf deinen Kopf, daß er auseinander berstet. Man kann ordentlich seine dünne schwarze Zunge in seinem Schnabel sehen. Nun haben sie sich gepackt! Wie balgen sie sich auf der Erde, wie zwei Straßenjungen, daß man nur noch einen schwarzen Klumpen sieht, der sich rasch umwälzt, daß die Erde nach allen Seiten auseinander fliegt. Und nun kommt der vierte dieser Spitzbuben und springt auf das lange, braune Stück, das sie alle haben wollten und reißt mit dem Schnabel und pickt und frißt und frißt, so schnell es nur gehen will. Warte nur, du feiger Geselle, du magst dich nicht mitklopfen, dann sollst du auch nichts abhaben! Wir wollen jetzt in die Hände klappen, als ob das Gewehr losgeht. Eins, zwei, drei, heißa, wie die schwarzen Teufel auseinanderfliegen! Der Spitzbube ist der erste, der denkt, er sei schon totgeschossen. Dann sausen die beiden Raufbolde hintendrein, und der vierte da auf dein Grenzstein, ja, der kann sich von dem Anblick gar nicht trennen. Na, willst du wohl! Großartig, guckt sich noch lange nach uns um. Ist doch eine freche Gesellschaft! Sie wissen nun ganz genau, daß wir kein Gewehr bei uns haben, um sie schießen zu können — ich müßte dann schon meinen Spazierstock nehmen und mit der Zigarre den Rauch dazu machen. Sie wissen das und lassen sich gar nicht einschüchtern.