205 Romulus selbst ward von den Fliehenden fortgerissen. Da erhob er seine Hände gen Himmel und gelobte dem Jupiter, wenn er die Flucht der Seinigen hemme (Jupiter Stator), einen Tempel. Sofort standen die Römer und erneuerten das Treffen; der Sieg wandte sich aus ihre Seite. Da kamen die geraubten Sabinerinnen mit fliegenden Haaren und zerrissenen Kleidern herbei, stellten sich zwischen ihre Männer und Väter und machten durch ihre Tränen und Bitten dem Kriege ein Ende. Es kam zwischen beiden Völkern zun: Frieden. Fortan sollten Römer und Sabiner zu einem Volke vereinigt sein, hundert Sabiner in den Senat aufgenommen werden und beide Könige gemeinschaftlich regieren. Doch bald war Romulus wieder Alleinherrscher, da T a t i u s bei einem Aufstand in Lavinium erschlagen ward. Nach seinem Tode soll der kriege¬ rische Romulus noch zwei Feldzüge glücklich beendigt haben. So floß sein Leben unter steten Kriegen dahin. Sein Ende hat die Sage wunderbar aus- geschmückt. Einst hielt Romulus Heerschau über das Volk. Da erhob sich plötz¬ lich ein Sturm mit Donner und Blitz, eine schwarze Wetterwolke umhüllte den König und entzog dem Volke seinen Anblick; von da an war Romulus auf Erden nicht mehr sichtbar. Der Kriegsgott hatte den vollendeten Sohn auf feurigem Wagen gen Himmel gehoben. Hinfort verehrten ihn die Römer unter dem Namen Quirinus. d) N u m a P o m p i l i u s. Nach Romulus' Tode wurde Numa Pompilius, der Sohn eines vor¬ nehmen Sabiners und Eidam des Königs Titus Tatius, zum Könige gewählt. Er hatte der Sage nach vertrauten Umgang mit der Nymphe Egeria, von der seine heilsamen Gesetze und Einrichtungen stammten. Hierdurch suchte er die durch steten Krieg verwilderten Sitten der Nönier zu zähmen und ihren kriegerischen Sinn zu besänftigen. Deshalb ordnete er die religiösen Gebräuche. Er errichtete das Amt der Pontifices, die den Gottesdienst besorgten, und an deren Spitze der König selbst als Oberpriester (pontifex maximus) stand. Den Augurn erteilte er das Anrt, aus dem Fluge der Vögel, aus Donner und Blitz und dem Fressen der heiligen Hühner die Zukunft und den Willen der Götter zu erforschen. Die Zahl der Vesta- linnen, denen die Sorge für das heilige Feuer im Tempel der Vesta oblag, vermehrte er auf vier. Dem Janus zu Ehren, einem Gotte, der mit zwei Gesichtern dargestellt wurde, baute er einen Tempel, der in Kriegszeiten offen stehen, im Frieden aber geschlossen sein sollte, llnter Numa selbst, dessen 43jährige Regierung in ungestörtem Frieden verlies, war er stets geschlossen. Nach Numa ist dies nur zweimal während der ganzen Dauer des römischen Staates der Fall gewesen. — Auch für das bürgerliche Leben traf Numa zweckmäßige Einrichtungen, wie er denn das Jahr, das bis dahin nur zehn Monate hatte, in zwölf Mondmonate einteilte.