160 ^ ihnen schließlich russische Tänze vortanzte, nicht, ohne lange nach Hand¬ schuhen für sich suchen zu lassen, da er gesehen hatte, daß die fürstlichen Damen, die auf seine Bitte zuerst tanzten, auch Handschuhe anhatten. Immer zutraulicher und lebhafter wurde die Unterhaltung, bis er jedem einzelnen der Gesellschaft selbst Wein kredenzte als Zeichen seiner kaiser¬ lichen Freundschaft. Große Verlegenheit bereitete ihm die dargereichte Serviette. In Berlin hatte er die Reinigung seiner Hände und seines Gesichts nach Tisch mit Hilfe einer Gießkanne besorgt. Obgleich die Sitten des Zaren nach den Briefen Sophie Char¬ lottens und ihrer Mutier gar zu bäurisch waren, rühmten beide seinen schönen Wuchs, seine edle Haltung und die Lebendigkeit seines Geistes, der in der Unterhaltung aus den Augen zu blitzen schien. Die Kurfürstin mochte wohl mit ihren geistvollen, tiefblauen Augen, dem schwarzgelockten Haar und den schönen Farben, vielleicht noch mehr durch ihre angenehmen Umgangsformen auf Peter den Großen, der sonst für weibliche Schön¬ heit völlig unempfänglich schien, einen besonderen Eindruck machen. Er unterhielt sich zuletzt fast nur noch mit ihr. Endlich tauschten beide ihre Schnupftabakdosen mit ihren Bildnissen als Andenken aus, und das kaiserliche Gefolge wußte nur zu rühmen von der guten, schönen Fürstin. Als diese den Zaren gefragt hatte, ob er die Jagd liebe, erzählte er lebhaft, daß er viel mehr von der Schiffahrt halte. Dabei ließ er sie die Schwielen seiner Hände befühlen, die er von harter Arbeit beim Schiffbau, auch durch Erlernen von vierzehn Handwerken habe. Alle Einzelbeschreibungen der fürstlichen Damen über den Zaren gipfeln in dem Urteil: „Er ist ein ganz außerordentlicher Mann. Es iit unmöglich, ihn zu beschreiben und sich von ihm eine Vorstellung zu machen, wenn man ihn nicht gesehen hat. Er hat ein gutes Herz und durchaus edle Empfindungen. Es ist auch nötig, euch zu sagen, daß er sich in unserer Gegenwart nicht berauscht hat." 75. Schwester Martha. Bumüller. „Ach, wäre doch Schwester Martha hier!" so seufzten und jam¬ merten verwundete Franzosen aus dem Schlachtfelde von Jena am 14. Oktober 1806,- sie sahen sich aber vergeblich um nach einer mild-