76 der Westseite die Kämpfergruppen herein, von den Kampfrichtern geführt, welche, durch Purpurgewänder ausgezeichnet, auf ihrem Ehrensitze Platz nahmen. Der Herold rief die Kämpfer vor die Schranken; sie wurden mit Namensaufruf dem Volke vorgestellt. Wer einen von ihnen seiner Sitten oder seiner Herkunft wegen für unwürdig hielt, um den Kranz des Zeus zu kämpfen, der konnte sich zur Anklage erheben, die von den Richtern sofort erledigt wurde. Dann traten die Kämpfer an die silberne, dem Zeus heilige Losurne heran, und einer nach dem andern nahm, nachdem er ein kurzes Gebet gesprochen hatte, eins der Lose hervor, welche nach gleichen Buchstaben die Paare oder Gruppen bestimmten. So viele der Gruppen da waren — denn es liefen immer vier miteinander — so oft wurde der Kampf erneuert, und da einer Sieger bleiben mußte, so traten, die in den verschiedenen Gruppen gesiegt hatten, zuletzt zu dem entscheiden¬ den Preiskampfe zusammen. Nach der Art des Wettlaufs wurden auch die andern Wettkämpfe des Stadiums eingeleitet und ausgeführt: der Sprung, in welchem Schwung¬ kraft der Glieder und Arme sich bewährte, der Ringkampf, durch welchen Männer wie Milon, der weise Schüler des Pythagoras, ihren Ruhm durch alle Länder verbreiteten, ferner der rohere Faustkampf, der Wurf des Diskos und des Speers. In allen den genannten Gattungen der gymnastischen Übungen be¬ währte sich des Mannes eigene Kraft und Gewandtheit. Ihnen gegenüber standen die ritterlichen Spiele, wo man der Rosse Tüchtigkeit den Sieg verdankte. Wenn dieser Kampf dennoch alle andern überstrahlte, so war es nicht sowohl die Rücksicht auf die Kunst des Wagenlenkers als viel¬ mehr der Glanz des Reichtums, die Pracht des Aufzuges, welche zugunsten dieser Kampfart entschieden. Zu diesem herrlichsten der Schauspiele füllten sich am vierten Festtage die langen Stufenreihen zu den Seiten der Renn¬ bahn. Die Wagenstände wurden verlost; vor jedem Wagenstande war ein Seil gezogen, hinter welchem die Renner ungeduldig den Boden stampften. In der Nähe saß auf einem Altare ein eherner Adler, welcher, in die Luft steigend, dem Volke umher den ersehnten Anfang des Spieles ver¬ kündete. Dies war das Zeichen für die Reiter und Wagenlenker; denn unmittelbar darauf wurden die Seile vor den Wagenständen fortgezogen. Nun tauchten die Gespanne paarweise vom Hintergründe her vor den Augen des Volkes hervor. Es kam auf der breiten Bahn, welche ein Viergespann zwölfmal durchmessen mußte, alles darauf an, einerseits die kürzesten Fahrten zu machen, möglichst nahe an der Zielsäule herumzu¬ lenken, anderseits dem auf dieser Linie sich zusammenschiebenden Wagen¬ gedränge vorsichtig auszuweichen. In einem Rennspiele scheiterten vierzig Wagen an dieser letzten Klippe und ließen dem allein übrig bleibenden einen leichten Sieg. Die Zuschauer verfolgten mit Angst und Jubel die rasch sich vollendenden Ereignisse des ergreifenden Schauspiels, bis sie mit