„Jawohl, sein Glück gemacht," stimmte die Witwe dem Sohne bei; „gerade jetzt erzählt man viel von einem Sattlergesellen aus Stollberg in Sachsen, Ackermann heißt er. Der ging über Paris nach London in Eng¬ land und ward daselbst ein so reicher und angesehener Mann, daß jetzt die Grafen und Fürsten in seinem Hause ein- und ausgehen wie bei unsereinem die Hühner. Seinen armen Freunden in Stollberg schickt er aber ein Geldstück um das andere." „Ich werde Euer auch nicht vergessen, liebe Mutter!" versicherte der junge Mann auf dem Schemel und stellte die Stiefel des Wirtes auf die Seite, nachdem er die letzte Hand darangelegt hatte. „Ich werde Euch schon von Zeit zu Zeit schreiben, wie es mir geht. Und wenn Ihr einmal unter einem Briefe von mir leset: Euer dankbarer Sohn, Hofschuhmacher¬ meister Seiner Majestät des Königs von Großbritannien, Schottland und Irland — dann dürft Ihr Euch flugs aufmachen wie der Erzvater zu seinem Sohne Joseph in Agyptenland. Denn ich wollte mich Euer nicht schämen, und wenn ich König würde!" „Bis dahin," versetzte die Mutter, indem sie sich mit der Schürze eine Träne aus dem Auge wischte, „darfst du dir um meinetwillen keine Sorge machen. Denn ein neues Haus, zwei Kühe im Stalle und etliche Morgen im Felde und an der Altmühl sind fiir ein Witweib mehr als genug." Sie hatte noch nicht ausgeredet, als Andreas schon anfing, um seinen Schemel herum aufzuräumen. Seine Mutter aber wehrte es ihm und sprach: „Lieber Sohn, das überlaß mir! Nimm nur das Handwerkszeug, das du als Geselle ans der Wanderschaft brauchst, und schnalle dein Bündel! Der Ranzen, den du vor drei Jahren aus der Fremde mitge¬ bracht hast, ist noch ganz gut und hängt drüben in der Kammer. Indes habe ich Zeit, dir zum Abschiede dein Leibgericht zu bereiten. Denn du sollst erst gegen Abend ausziehen und heute nicht mehr weiter als nach Merkendorf gehen. Du mochtest dir sonst wehe tun!" Und so geschah es auch. Andreas schnallte sein Wanderbündel, aß sein Leibgericht mit großem Beifall, plauderte noch zwei oder drei Stunden mit seiner Mutter über dies und jenes und ging dann, von ihr bis vor die Haustür geleitet. Die Witwe aber sprach bei sich, als sie nach ihrem Stüblein zurück¬ kehrte: „Ich lasse.alles liegen und stehen, auch seinen Schemel; denn er wird nicht lange ausbleiben." Und als eine Stunde darauf die Nachbarin kam und Schuhe zum Flicken brachte, nahm sie diese an und antwortete: „Morgen abend könnt Ihr wiederkommen und sie holen, da werden sie fertig sein." Andreas aber, je weiter er ging, desto länger wurde ihm der Weg nach England und Amerika. Schon auf den Wiesen zwischen den beiden nächsten Ortschaften gelobte er bei sich selber, sich mit der Neuen Welt