92 Geographische Bilder. gelangt man zuerst an einen finsteren Platz; von hier aus führen verschiedene Gänge zu einer Treppe von 325 teils hölzernen, teils aus Salzstein bestehenden Stufen. Nachdem man diese zurückgelegt hat, stößt man abermals auf verschiedene Gänge, die zum eigent¬ lichen Salzwerke führen. Wie erstaunen wir beim Eintritt in diesen wundervollen Bau! Wir finden uns plötzlich in einer neuen Welt, deren Glanz und Pracht alles weit hinter sich läßt, was die Einbildungskraft nur immer erdenken kann. Wendet man sein Auge nach dem Boden, auf dem man steht, so überblickt man eine weite, unüber¬ sehbare und volkreiche Ebene mit Häusern und Heerstraßen, auf welchen sich Fuhrwerk an Fuhrwerk drängt. Alles wimmelt von Menschen, und man befindet sich in einem eigenen, unterirdischen Staate. Blickt man über sich, so sieht man ein hohes Gewölbe, das auf Säulen von Salzstein ruht und dessen Decke ebenfalls Salzstein ist. Da überall zum gemeinschaftlichen Gebrauch eine Menge Lichter brennen, deren Glanz wie von unzählbaren Spiegeln zurückgeworfen wird, so gewährt dieses Schauspiel einen gro߬ artigen Anblick. Damit die Gewölbdecke nicht herabstürzt, mußte man in angemessener Entfernung Säulen anbringen, und zwar be¬ stehen diese Säulen aus dem Salzstein selbst. Besonders schön nehmen sich die Salzstücke an den Bogen der Gewölbe aus, die in Eiszapfenform herabhängen und in allen Regenbogenfarben spielen. Hier und da erblickt man Hütten,.teils einzeln stehend, teils gruppen¬ weise. Die Anzahl der Bewohner dieses unterirdischen Erdstrichs beläuft sich auf achthundert. Für die Bergleute wird in einer kleinen Kapelle, welche in den Salzfelsen gehauen ist, zur Zeit des Bergfestes Messe gelesen und eine Predigt gehalten. Die Be¬ standteile dieser Kapelle sind ebenfalls von Salz, wie hier alles. Der hohe Altar, die Kanzel, die Wände, das Gewölbe sind in und aus Salzstein gehauen. Die Salzmassen werden in der Form ungeheurer Cylinder aus¬ gegraben und losgerissen; noch größere Stücke sprengt man auch mit Schießpulver los. Die größeren Massen werden in kleinere Stücke zerschlagen, und des bequemeren Fortschaffens wegen gibt man ihnen mit dem Meißel die Form einer Tonne. Sind diese Tonnen oben angelangt, so zerschlägt man sie in noch kleinere Stücke und mahlt diese in eigens dazu verfertigten Mühlen zu