130 großen Festungsmauer. Wir kommen zu einem Vorplatz. Links in der Mauer öffnen sich niedrige Hallen, unter denen die Mannschaft der Burg- wache kampierte und zugleich den Zugang zu den Magazinkammern sicherte, die in der Tiefe darunter innerhalb der dicken Ringmauer angelegt waren. Rechts stehen wir vor einem zweiten Torgebäude, das in seinen Abmessungen der Majestät der uns noch umgebenden Burgmauer entspricht. Durch seine von Säulen getragenen Hallen treten wir nun im Burgfrieden auf den weiten Vorhos des fürstlichen Palastes und be¬ finden uns, nachdem die Räume der Palastwache passiert sind, vor dem zierlichern Tor zur Wohnung des Herrschers selbst. Diese Aufeinander¬ folge von Toren gemahnt an die Lebensweise eines Fürsten, der wie ein Sultan abgeschieden von seinem Volke lebt und erst nach Überwindung der verschiedenen Stufen von Wächtern und Hofchargen erreichbar ist. In Zeiten, als hier oben Hof gehalten wurde, wird der gemeine Mann schwerlich jemals über die Vorhöfe hinaus zu dem Könige von Tiryns vorgedrungen sein. Doch nahen wir uns ihm mit dem Zuge seiner vor¬ nehmen Freunde. Von dem weiten Vorplatze aus steigen wir die Stufen zur Vorderhalle des Tores hinan und gehen durch die Tür zu seiner Hinterhalle hindurch. Wieder umfängt uns ein geräumiger Hof, aber sein reichlicher, freundlicher Schmuck verrät die Nähe der fürstlichen Woh¬ nung. Seinen Boden bedeckt ein sauberer Estrich, auf allen vier Seiten umgeben ihn Hallen, getragen von Holzfäulen; über ihnen ragt weithin beschattend ein buntes Gebälk vor, so daß der Raum in seiner stillen Ab¬ geschlossenheit nicht unähnlich war einem Klosterhof mit Kreuzgang. Vor der Halle gegenüber der Tür zum Palaste steht der Altar. Hier ließ der König das Blut der Rinder in die Grube fließen zu Ehren des Schutzgottes seines Hauses, aus dessen Hand der Ahnherr des Geschlechtes die Art zum Opfer erhalten hatte; nur aufwärts zum südlich heitern Himmel konnte dabei der Blick des Herrschers gerichtet sein, denn die Enge des Raumes schied ihn von seinem Volke und seinem Lande. Jen¬ seits des Altars winkt das Ziel unserer Wanderung. Stolz und prächtig ragt dort die Halle des Tores empor, hinter dem der Saal des Königs liegt. Alle Kunstfertigkeit ist hier entfaltet, welche die einheimischen und die aus der Fremde geholten Künstler im Dienste des Herrschers aus¬ zuüben vermochten. Die hohen nach oben sich verdickenden Säulen sind über und über umsponnen mit eingegrabenem Zierat, die Wandpfeiler verkleidet mit seltenem Holze, auf dem bronzene Rosetten in zier¬ licher Reihe aufsitzen; der Sockel der Wand erglänzt in dem durchsichtigen