9 Du hast zwei Augen und einen Mund; Mach dir's zu eigen! Gar manches sollst du sehen und Manches verschweigen. Du hast zwei Hände und einen Mund; Lern' es ermessen! Zwei sind da zur Arbeit und Einer zum Essen. Äso|). Ludwig Heinrich von N i c o l a y. Äsop ging einst nach einem Städtchen hin. Ein Wandrer kommt und grüßet ihn Und fragt: „Wie lange, Freund, bab' ich zu gehen Bis zu dem Flecken dort, den wir von weitem sehen?" „Geh!" spricht Äsop. Und er: „Das weiß ich wohl, Daß, wenn ich weiter kommen soll, Ich gehen muß; allein du sollst mir sagen, Wie lange." — „Geh!" — „Der Kerl ist toll, Ich werde nichts von ihm erfragen," Brummt er und geht. — „He," ruft Äsop, „ein Wort! Zwei Stunden gehst du bis zum Flecken dort." Der Wandrer bleibt betroffen stehen: „Ei!" ruft er, „und wie weißt du's nun?" „Und wie," versetzt Äsop, „konnt' ich den Ansspruch thun, Bevor ich deinen Gang gesehen?" Die Sonne und die Tiere. Von Johann Gottlieb Willamov. „O Sonne, scheine nicht so heiß! Ich muß vor Mattigkeit und Schweiß Bei meiner Arbeit schier erliegen." So rief der Esel. — „Dank für deinen Schein, O Sonne!" rief die Schlange. „Mit Vergnügen Leg' ich mich stundenlang hinein." — Die Eule schrie: „Verschone mein Gesicht Mit deinem mir verhaßten Licht,