— 126— hatte, kam mit der Bescherung die Reihe an den Vater. Mit lächelnder Zufriedenheit betrachtete er eine nach der andern von den zwölf brettdicken Socken, welche die Großmutter ihm gestrickt hatte — eins nach dem andern von den sechs rot eingestickten, sorgfältig gesäumten Taschentüchern, die ihm seine Frau beschert hatte. Dann kam aber erst die Hauptsache — die Vorführung der „in Freiheit dressierten Wilden“. Die siebenjährige Else brachte ein paar gestickte Schuhe und deklamierte dazu eine Pantoffel— hymne, als deren Dichterin sich mit verlegenem Erröten die Groß— mutter bekannte: „Lieber Vater, diese Schuh' Trag in Gesundheit und Ruh', Die Kindeslieb', wo mein Herz beglückt Hab' ich drinnen hineingestickt; Drum, wenn sie dir warm halten die Füß', Denk an deine Tochter Elis'.“ Diese Verse haperten zwar, aber sie kamen von Herzen. Dann rückte die dreijährige Mariedl an. Sie konnte nur mit einem vom Lernen noch warmen Vaterunser aufwarten. Der fünfjährige Fritzl hinwieder hatte sich statt auf die Religion auf die Kunst verlegt. Mit seinem piepsenden Stimmlein sang er das Fiakerlied herunter, und als hierüber das stolze Entzücken des Vaters kaum noch Grenzen kannte, kam erst der Knalleffekt: die „Banda“. Den drei Alten verging vor Lachen fast der Atem, als der kleine Käsehoch unter dem Refrain des lustigen Liedes mit tragisch ernster Miene und in steifem Hochschritt zweimal um den Tisch marschierte. z„Kinder! Kinder! her zu mir!“ schrie der junge Vater, in dessen Lachen sich längst schon rinnende Zähren gemischt hatten. Mit beiden Armen faßte er die drei Knirpse zusammen, und während er sie so eng an seine Brust drückte, daß sie lange Ge— sichter schnitten, schaute er, über ihre Blondköpfe hinweg, ins Leere und stammelte: „Der — der soll mir kommen — und soll mir so eine Freud' verderben wollen — so eine Freud'!“ Da klang von draußen ein schrillender Glockenton in die Stube. Frau Schaller schaute ihren Mann erschrocken an — weshalb sie erschrat, das wußte sie selbst nicht — dann ging sie, um die Tür zu öffnen. Zwei Dienstmänner brachten einen großen Korb und schleppten ihn in die Stube; von wem er wäre, wußten E